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AOC Basel-Landschaft, Arlesheim, Basellland, bio, Bio Suisse, biologisch, Cabernet Jura, Quergut, Schweizer Bioweinpreis, Steinbruch, Thomas Löliger, Vinum
Arlesheim. Steinbruch. Ich sehe diesen Rebberg jeden Tag. Morgens beim Zähneputzen aus der Ferne, abends beim Streifzug mit Luna aus der Nähe. Der Blick ist atemberaubend, schweift über das Dorf. Über das Birstal und das Goetheanum. Über Basel bis zu den Hügeln von Schwarzwald und Vogesen.
Hier, auf dem höher gelegenen der beiden Quergut-Rebberge, hat 2015 meine erste grosse VINUM-Reportage über das Dreiländereck begonnen. Hier krüppelt ein Winzer, der seit Jahren dabei ist an den Schweizer Weintagen, die ich mitorganisieren darf. Hier wächst der Wein, den wir im Mamma Mia Arlesheim seit Tag eins als Hauswein anbieten (mein Myggeli führt das Lokal). Cabernet Jura – straight outta Hausberg. Dem Steinbruch. Arlesheim.
Und jetzt hat der neuste Jahrgang dieses Crus beim Schweizer Bioweinpreis gewonnen, vergeben durch das Weinmagazin VINUM und Bio Suisse. Der Cabernet Jura im Steinbruch 2016 wurde von der Fachjury zum besten Rotwein in der Kategorie PiWi (pilzwiderstandsfähige Sorten) erkoren. Fuckyeah! Da darf man schon etwas pathetisch werden.
Natur statt Rampenlicht
Wie ich diesen Erfolg Thomas Löliger, dem Macher dieses Weines, gönne! Gerade auch, weil er ihn nicht gesucht hat. Damals, bei meinem ersten Besuch, als der zurückhaltende Winzer kaum ein Jahr im Steinbruch aktiv war, die Reben frisch auf Bio umgestellt. Damals ging es Löliger nicht darum, Preise abzuräumen. Vielmehr ging – und geht – es ihm um den Rebberg als Biotop für Pflanzen und Tiere. «Ich möchte mit einer Biodiversitäts-Insel das Maximum an Lebensraum zu schaffen», sagte er damals. Und was wird aus den Trauben? «Ein lokaler Wein, der verhebt.»
Nun. Das tut er! 2016 wäre Löliger übrigens um ein Haar zum Schweizer Biowinzer des Jahres gekürt worden – dem Sieger der Sieger. Damals schafften es sein Johanniter 2015 sowie sein Cabernet Jura 2014 unter die besten Zehn. Damals war ich bei VINUM zuständig für den Bioweinpreis…als ich Löliger von seinem Beinahe-Triumph erzählte, schien er fast erleichtert, dass er den Thron knapp verpasst hat. Wenn er so weitermacht, muss er eines Tages vielleicht dennoch mit dem Titel vorliebnehmen.
Cabernet Jura – Rebsorte aus dem Birstal
Dass Löliger nun ausgerechnet mit seinem Cabernet Jura gross auftrumpft, ist eine schöne Pointe: Die PiWi-Sorte wurde nämlich im Birstal gezüchtet, knapp 30 Kilometer birsaufwärts im jurassischen Soyhières zwischen Laufen und Delémont. In einem feuchten Talabschnitt, eigentlich ungeeignet für Weinbau. Ausser, man züchtet eine pilzwiderstandsfähige Sorte. Cabernet Jura zum Beispiel. Erschaffen von Valentin Blattner, einer Koryphäe auf diesem Gebiet. Er hat Cabernet Sauvignon mit einer unbekannten, pilzwiderstandsfähigen Rebsorte gekreuzt.
Dass Blattner die Sorte Cabernet Jura genannt hat, zeugt auch von Marketing-Geschick…zumal viele Winzer das «Jura» gerne auch verschämt wegnuscheln. Nicht so Thomas Löliger, der mit seinen Weinen beste Werbung macht für neu gezüchtete PiWi- bzw. Hybrid-Sorten, denen in Fachkreisen immer noch häufig mit Skepsis begegnet wird.
Tatsächlich offenbaren Weine aus diesem Segment immer wieder geschmackliche Herausforderungen, manchmal auch Defizite. Andererseits kommen immer mehr Winzer immer besser mit diesen vergleichsweise jungen Rebsorten zurecht. Und bald könnte eine neuePiWi-Generation folgen, deren Geschmacksspektrum weitaus ausgeprägter ist, als bei ihren Vorgängern, bei denen es ja in erster Linie auch darum gegangen ist, Rebsorten zu züchten, die ohne Einsatz von Chemie – Herbizide und Pestizide – kultiviert werden können. Oder zumindest mit wesentlich weniger. Cabernet Jura ist also sozusagen eine autochthone Sorte aus dem Birstal.
Vom Frost gebeutelt
So. Exkurs zu Ende. Zurück zu Thomas Löliger, der die steilen und widerspenstigen 1,25 Hektar am Steinbruch erst vor vier Jahren übernommen und auf Bio getrimmt hat. Keine einfache Sache, sondern Knochen- und Nervenarbeit. Hagel und Frost können eine ganze Ernte in wenigen Minuten oder Stunden vernichten. Und wenn ein gefrässiges Reh ein Schlupfloch im Zaun findet, sind in Kürze Trauben weggeputzt, deren Wein man für vierstellige Beträge hätte verkaufen können.
2017 war ein schlechtes Jahr. Vor allem wegen des Frosts, der Löliger lediglich rund 8 Prozent einer normalen Ernte übrig liess. Der ganze Jahrgang hat in einem kleinen Stahltank platz. 2018 könnte besser werden. Nicht nur wegen des Triumphs am Schweizer Bioweinpreis. Die Frostgefahr ist gebannt, Hagelschäden gab’s (zumindest in Arlesheim) bisher keine. Gegen gefrässige Rehe hilft ein nagelneuer Elektrozaun. Und die von Erosion bedrohten Terrassen wurden mit dem Bagger in Form gebracht (eine gefährliche Arbeit) und mit Jungreben bepflanzt – die meisten davon PiWi-Sorten.
Ausserdem führt der brandneue «Gempen Nord Trail» die Mountainbiker nun direkt am Rebhäuschen von Thomas Löliger vorbei. Dort könnten sie sich am kommenden Sonntag, 3. Juni, preisgekröntes Kurvenwasser besorgen. Löliger lädt dann zum ersten Mal in diesem Jahr in seine Besenbeiz.
Der Cabernet Jura 2016, frisch gekürter Bioweinpreis-Sieger, wird dann ein erstes Mal im öffentlichen Rahmen entkorkt. Ab Juli gibt’s den Cru dann auch im Mamma Mia, dessen Crew – das soll hier nicht unerwähnt bleiben – bei der Ernte 2016 die Hände mit ihm Spiel hatte. Hat zwar keinen Einfluss auf die Weinqualität, ist aber eine gute Schlusspointe. Prost!
Das schreibt VINUM roten PiWi-Kategoriensieger
Quergut – Basel-Landschaft AOC Cabernet Jura im Steinbruch 2016
Erst seit 2014 bewirtschaftet Quereinsteiger Thomas Löliger den Gemeinderebberg Steinbruch in Arlesheim, der vorwiegend mit PiWi bestockt ist. Nach mehreren Jahren als Hobbywinzer und einem Praktikum bei Ueli Bänninger (Weingut Tschäpperli, Aesch) wagte er den Schritt zum eigenen Weingut. Sein prupurfarbener Cabernet Jura überzeugt mit seiner Klarheit. Dunkle Schokolade, Pfeffer, Lorbeer, auch Noten von Zimt und dunklen Früchten. Tannine und Säure in wunderbarem Einklang. Guter Trinkfluss. Mittellanger Abgang. Benotung: 17.4 Punkte. Preis: 17 Franken.
Hier gibt’s das VINUM-Sonderheft zum Schweizer Bioweinpreis 2018 als PDF.
Über das Quergut Arlesheim
Cécile Bühlmann, Michael Huber und Thomas Löliger – diese drei Quereinsteiger bilden das Quergut mit zwei Reblagen in Arlesheim. Drei Köpfe, zwei Lagen – ein Name. Cécile Bühlmann und Michael Huber bewirtschaften die familieneigenen Reben im Schlossberg nach Richtlinien der integrierten Produktion IP. Thomas Löliger kultiviert seine Reben nach Bio-Richtlinien auf dem steilen Gemeinderebberg im Steinbruch. Alle drei arbeiten Teilzeit neben ihrer Aufgabe im Weinberg – sie als Hobbywinzer zu bezeichnen, wäre aber viel zu kurz gegriffen. Das Trio hat entsprechende Ausbildungen genossen und investiert viel in die Bewirtschaftung der teilweise steilen Lagen auf insgesamt 2,5 Hektar Rebfläche. In die Flaschen kommt ein interessantes Sortenspektrum vom klassischen Blauburgunder bis zu pilzwiderstandsfähigen Trauben wie Johanniter und Cabernet Jura. www.quergut.ch