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Monatsarchiv: März 2017

Von Schönwetterwinzern und Marketingfloskeln

24 Freitag Mär 2017

Posted by Bonvinvant in Kolumne

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Schlagwörter

Floskeln, Jahrgang, Kolumne, Marketing, Meinung, Schönsprech

Floskeln sind die Pestbeulen der Kommunikation. Im Fussball, in der Politik und auch in der Weinwelt. Überschwängliche Jubelgesänge schaden der Glaubwürdigkeit einer ganzen Zunft. Dabei haben viele Winzer viel mehr auf dem Kasten – und zu sagen.

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Ernte gut alles gut? Nicht immer. Insbesondere in schwierigen Jahren gibt es zu oft rosa Wolken statt wahre Worte.

Der inflationäre Gebrauch von Floskeln beim Anpreisen von Weinen – vor allem des neusten Jahrgangs – erweckt oft den Anschein einer heilen Postkartenwelt, in der glückliche Winzer durch ihre Rebberge schlendern und im Einklang mit Natur und Kosmos Zaubertränke keltern, die jedem Wein- freund eine Offenbarung sind. Guter Wein entsteht im Rebberg, dieser ist natürlich bio, aber nicht zertifiziert, im Keller wird der werdende Wein nur noch begleitet, und der aktuelle Jahrgang ist, wie immer, hervorragend. Alles rosa. Doch wenn alles herausragend ist, ist nichts herausragend.

So idyllisch, wie uns das manche Winzer, PR-Agenturen oder Medien weismachen wollen, ist die Lage meist nicht. Die Ökobilanz im Weinbau ist nicht so rosig, wie es die sanft im Wind wiegenden Reben vermuten lassen. Chemikalien werden gespritzt, Kunstdünger wird ausgebracht, als Gärungs-Turbo gibt’s auf Fleischabfällen gezüchtete Reinzuchthefen, geschwefelt wird mit einem Nebenprodukt der Erdölproduktion, und wer seinen Wein schönen will, kann mit Hühnereiweiss oder Fischblase Klarheit schaffen. Das hat wenig mit Weinromantik zu tun, ist aber in vielen Betrieben normal. Das ist nicht unbedingt verwerflich, sondern Alltag.

Wein-Schönsprech schadet der Credibility!

Was aber sauer aufstösst, ist das Marketing-Trugbild, dass selbst der trivialste Supermarktwein wie von alleine entsteht. Natur pur. Ein Elixier aus Sonne, Erde und Wasser, das am Ende nur noch abgefüllt werden muss. Klar, kein Winzer kann es sich leisten, zu sagen: «War ein Scheissjahr, kauft lieber andere Weine.» Aber jedes magere Jahr mit blumigen Wortkonstrukten schönreden – das schadet der Glaubwürdigkeit. Vor allem wenn im Folgejahr (beim Verkauf des allerneusten Jahrgangs) die ungeschminkte Einschätzung ans Licht kommt und der Winzer plötzlich frischfröhlich über die Mäkeleien des (inzwischen verkauften) Vorjahres plaudert.

Nicht jeder Weintrinker hat das Wissen oder die Muse, um zu erkennen, was bleibt, wenn der rosa Vorhang fällt und Fakten statt Floskeln zählen. Dank Internet hat heute zwar jeder mit wenigen Klicks Zugriff auf Zehntausende Weinbewertungen und Verkostungsnotizen. Verloren im endlosen Weinuniversum ist man aber nach kurzer Suche oft gleich schlau wie vorher. Aber es gibt immer mehr Winzer, die via Social Media einen fundierten Einblick in ihre Arbeit bieten. Auch in den weniger glorreichen Alltag abseits goldener Ernteszenen. Da wird auch mal ein Zuckersack in die Kamera gestreckt. Oder ein Winzer zeigt in einem verwackelten Handyvideo seine frisch vom Hagel zerstörten Rebtriebe.

Direkter Draht statt Floskeln

Der Konsument soll ruhig wissen, dass Weinmachen kein Zuckerschlecken ist. Winzer-News, straight aus dem Rebberg. Der direkte Online-Draht zu den Weinproduzenten macht uns nicht nur unabhängiger von Wein- PR und kitschigen Klischees – er emanzipiert die Winzer auch von der Deutungshoheit durch aussen. Authentizität, Einzigartigkeit, Mut und Originalität werden so – neben professionellem Handwerk als Basis – zum Motor einer Branche, deren Macher heute so gut ausgebildet und vernetzt sind wie nie zuvor. Auch deshalb, das darf man nicht vergessen, häufen sich die Jubelmeldungen. Sehr viele Winzer verrichten sehr gute Arbeit. Sie haben es nicht nötig, sich von Phrasendreschern weichwaschen zu lassen. Auch nicht von trittbrettfahrenden Produzenten, die sich die gängigen Floskeln ebenfalls angeeignet haben. Sie strecken ihr Vokabel-Fähnlein in den Fahrtwind der Vorreiter, ohne wirklich nach deren Philosophie zu arbeiten. Damit schaden sie nicht nur jenen, die den Karren effektiv ziehen, sondern der ganzen Zunft.

Umso schöner, dass viele Winzer heute kein Weinblatt vor den Mund nehmen und zeigen, welcher Aufwand hinter einem guten und nachhaltig produzierten Wein steckt. Sie lehren uns, Unterschiede zu schätzen und anzuerkennen. Auch «schwache» Jahrgange verdienen Aufmerksamkeit… aus Trotz, aus Prinzip – und weil sich Prognosen sowieso nicht so einfach verallgemeinern lassen. Dafür ist Mutter Natur, ist Wein, zu launisch. Erfreuen wir uns an ihren Überraschungen und ihrer Magie. Sie sind das Gegenteil der glattgebügelten Floskeln.

Dieser Artikel ist erstmals in der VINUM-Ausgabe 01-02/2017 erschienen.

Wenn Amarone, dann so

14 Dienstag Mär 2017

Posted by Bonvinvant in Degustiert

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Schlagwörter

2012, Amarone, Amarone della Valpolicella DOCG Paverno 2012, Azienda Vitivinicola Vaona, Corvina, Degustation, Italien, Mamma Mia, Molinara, Rondinella, Valpolicella, Veneto, verkostet, Verkostungsnotiz, Weinkarte

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Azienda Vitivinicola Vaona: Amarone della Valpolicella DOCG Paverno 2012

Das Schöne an der Gestaltung einer Weinkarte ist, dass man sich auf Gewächse einlässt, denen man als Gast keine Chance geben würde. Amarone? Was will ich mit so einem fetten Brummer? Umso schöner, dass ich bei der Weinauswahl für’s Restaurant Mamma Mia auf diesen straffen Amarone gestossen bin – ein Wein mit Fleisch am Knochen und dem nötigen Rückgrat, um für eine schöne Balance zu sorgen. Von wegen plump!

Der Amarone della Valpolicella DOCG Paverno 2012 überzeugt mit opulenter dunkler Beerenfrucht und Aromen von Himbeere, Zwetschgenkompott, Sauerkirsche sowie Lakritz, mit der Zeit auch reife Erdbeere, leicht marmeladige Nuancen (aber eben nicht zu aufdringlich), dahinter eine feiner Schuss Muskatnuss und Nelke; sehr rund mit gut eingebundener, straffer Säure und ebenso satten Tanninen. Ein Amarone mit runder Frucht und strammer Struktur, die den Alkohol wunderbar abfedert. So einen Kraftprotz darf zwischendurch gern im Glas landen. Vor allem auch als schöner Essensbegleiter.

Der Paverno wächst im Herzen des norditalienischen Valpolicella-Gebiets. Die rote Cuvée aus den traditionellen Amarone-Sorten Corvina (40%), Corvinone (30%), Rondinella (25%), Molinara (5%) stammt vom Familienbetrieb Azienda Vitivinicola Vaona. Die Trauben wurden handgelesen, drei Monate auf Holzgittern angetrocknet und sorgfältig vinifiziert.

Der allererste Wein am Rhein

03 Freitag Mär 2017

Posted by Bonvinvant in Graubünden, Schweiz, Weingüter

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Schlagwörter

Alpen, Bregl da Heida, Candrian, Cantrio, Graubünden, Mas Cantrio, Piwi, Razzmatazz, Resvegl, Rhein, Sagogn, Solaris, Winzer

Sie kommen aus Graubünden. Ihr Weingut steht in Katalonien. Doch nun haben sie eine uralte Reblage in ihrer Heimat wiederbelebt – in einem Klima, dass im krassen Kontrast steht zu ihrem Spanien-Projekt. Grund genug für einen Besuch bei Hannes, Martin und Aron Candrian in Sagogn. Das Trio bewirtschaftet seit Kurzem den allerersten Rebberg am Rhein, der bis zu seiner Mündung unzählige weltbekannte Weinregionen wie Elsass, Baden oder das Rheingau durchfliesst.

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Sonne, Schnee und neu auch ein Weinberg – Panoramablick über Sagogn (GR).

Im Herbst 2016 wurde im kleinen Bündner Bergdorf Sagogn der erste Wein am Rhein geerntet. Geografisch betrachtet, versteht sich. Hier, rund 50 Kilometer unterhalb der Rheinquelle(n), nur einen Spaziergang entfernt vom Skigebiet Flims/Laax, wachsen 300 pilzwiderstandsfähige Solaris-Rebstöcke. Sie wurzeln im kargen Kalkboden eines uralten Schuttkegels, in den der Rhein imposante Schluchten hineingefressen hat.

«Wir spielten schon länger mit dem Gedanken, in Sagogn wieder Wein anzubauen», erklärt Aron Candrian. Der Forstwart und Marketingfachmann steht inmitten der Jungreben, die er 2012 in seinem Heimatdorf gepflanzt hat – zusammen mit Vater Hannes und Bruder Martin. «Je mehr ich die Geschichte erforschte, desto spannender wurde es», erklärt Aron Candrian und berichtet von einem Testament von Bischof Tello aus dem Jahr 765. Es ist der erste von mehreren Nachweisen zur Weinbaugeschichte in Sagogn. Jetzt, über 1250 Jahre später und nach langer Durststrecke, wächst hier wieder Wein am Rhein.

Er trägt den rätoromanischen Namen Resvegl – Wiedererweckung. Mitschuld an der Erweckung hat auch das katalonische Weingebiet Priorat. Und Bruder Martin. Dieser betreibt eine Weinhandlung in Chur. Infiziert vom Weinvirus hat Martin 2005 mit Bruder Aron und Vater Hannes im Nordosten Spaniens ein Weingut aus dem Dornröschenschlaf geweckt. «Ein Bauchentscheid», erinnert sich Martin Candrian. So kam das weinverrückte Candrian-Trio zu Mas Cantrio, dessen Razzmatazz sich in der Schweiz grosser Beliebtheit erfreut. Kein Wunder, lagern viele Flaschen der Priorat-Cuvée in Sagogns Dorfkern im Keller des Elternhauses.

Das Candrian-Trio: Hannes, Martin und Aron Candrian im Resvegl-Rebberg im Osten von Sagogn.

Das Candrian-Trio: Hannes, Martin und Aron im Resvegl-Rebberg im Osten von Sagogn.

Im Gegensatz zum Razzmatazz ist der Resvegl-Wein nicht im Handel erhältlich. Mit rund 120 Flaschen ist die Produktion viel zu gering. Vor allem aber sind die 400 Quadratmeter Piwi-Reben nicht im offiziellen Rebbaukataster aufgeführt. Der erste Wein am Rhein darf nur zum Eigengebrauch gekeltert werden. Eines Tages soll aber vielleicht auf der wiedererweckten Lage Bregl da Heida offiziell wieder Weinbau betrieben werden dürfen. «Wir nehmen uns Zeit und wollen nichts erzwingen», sagt Aron Candrian. «Zuerst müssen wir aber dafür sorgen, dass unser Wein gut wird.» Der Resvegl-Solaris schlummert 50 Flusskilometer unterhalb Sagogns in der Kellerei von Roman Hermann (mit ihm vinifiziert Candrian seinen Weisswein) in der Bündner Herrschaft, dem bekanntesten Weinbaugebiet der Deutschschweiz – zu dessen Terroirs ja vielleicht irgendwann wieder Sagogn gehört.

161212_resvegl_sagogn_web-3Dieser Artikel ist erstmals in der VINUM-Ausgabe 01-02/2017 erschienen.

Aktuelle Beiträge

  • Podcast #8 – Martin Schrader – Knak & Badischer Weinbahnhof, Büchsenwein
  • Podcast #7 – Scherer + Zimmer mit Gutedel, Spargel und heiklem Hanf
  • Podcast #6 – Sandra Knecht und Fredy Löw – bringt die kritische Künstlerin den skeptischen Winzer zum Naturwein?
  • Podcast #5 – Stadtbasler Wein mit Silas Weiss vom Weingut Riehen
  • Podcast #4 – Tom Litwan – Reduktion aufs Wesentliche

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