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MDVS_2014_27Es begann mit Weinen, weiss wie die Unschuld und endete mit einem fingerdicken Tannin-Teppich auf Zunge und Zahnhälsen: Dazwischen lag eine abenteuerliche Safari durch den Dschungel des Schweizer Weins in fast all seinen Farben, Formen und Lagen. Man muss schon sagen: Was die Winzer hierzulande zu bieten haben, ist schon allerhand! Die Schweiz als autarkes, selbstversorgendes Weinland – mit dem Gedanken könnte ich mich an Anlässen wie dem Schweizer Wein-Stelldichein am Mémoire & Friends im Kongresshaus Zürich fast schon anfreunden.

Erkenntnis des Tages: Chasselas (insbesondere aus dem Dézalay) und Pinot Noir, zwei tendenziell eher filigrane, elegante und zuweilen auch fade Traubensorten, die – ich gebe es zu – (noch) nicht zu meinen Favoriten gehören, diese beiden Königinnen können halt schon verdammt gute Weine hervorbringen. Beide sind sie mengenmässig Schweizer Spitzenreiter in im weissen beziehungsweise roten Segment.

MDVS_2014_6Natürlich kamen uns (eine Sommelière, eine Weinliebhaberin, ein Amerikaner mit Jetlag und der Bonvinvant) auch diesmal hervorragende Merlots, Petite Arvines, Chardonnays und Heidas über die Lippen. Die Stars aber waren die oben genannten Platzhirsche. Mit der Gamay-Assemblage aus Genf konnte hingegen rein gar nichts anfangen – mich schauderts jetzt noch.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass viele der dargebotenen Weine jüngeren Jahrgangs (und das waren die meisten) wie unrasierte Frauenbeine daherkommen: Von weitem betrachtet sehen sie ganz gut aus, sobald man aber auf Tuchfühlung geht, wird es kratzig und ungestüm. Was man aber gerne hinnimmt, weil sich bereits deutlich abzeichnet: Der Zahn der Zeit wird die haarige Seite dieser Tropfen früher oder später wegrasieren und dann, man ahnt es, präsentiert sich dem Weinfreund der Himmel auf Erden.

Das auf der Kongresshaus-Bühne etwa die Mémoire des Vins Suisses-Sonderschau zu den Schatzkammerweinen 2004, eine Auswahl an zehnjährigen Präziosen. Die Köstlichkeiten waren am frühen Abend bereits weggetrunken, die Schatzkammer geplündert – das sagt ja wohl alles.

Hier die Degustations-Notizen unserer Safari durch die Wein-Schweiz

MDVS_2014_1Heida Melodie 2013, St. Jodern Kellerei Visperterminen, AOC Valais.
Eine wunderbare Assemblage mit Restsüsse, exotischen Früchten wie Stachelbeere, aber auch Aprikose. Frisch und spritzig in Nase und Gaumen. Ursprünglch war dieser restsüsse Tropfen ein «Unfall», gekeltert aus jenen Trauben, deren Oechsle-Werte noch höher liegen als die Visperterminen. Ein toller Unfall!

Heida Réserve des Administrateurs 2013, Cave St-Pierre SA, Valais AOC.
Mineralisch, weniger exotisch als die vorangegangene Heida-Assemblage, eher Zitrusfrcht in der Nase, kantig, viel Säure im Gaumen.

Petite Arvine Réserve des Administrateurs 2013, Cave St-Pierre SA, Valais AOC.
Zurückhaltendes Bouquet, Heu, Holunderblüte, sonst eher auf der grünen Seite. Saftig und salzig im Gaumen.

MDVS_2014_9Dézaley Grand Cru Médinette 2004, Domaine Louis Bovard, Lavaux AOC.
Sellerie, grüne Paprika und Geranien in der Nase, dazu mineralische Noten; sehr subtil im Gaumen – filigran, blumig, gut. Eine elegante alte Dame.

Vieilles Vignes Maître de Chais 2004, Provins Valais, AOC Valais.
Eine wunderbar ölige Assemblage aus Marsanne, Amigne, Pinot Blanc und Heida, gekeltert aus Beeren von 67- bis 85-jährigen «vieilles Vignes». In der Nase: Birne, reife Aprikose, Heu, Honig. Sehr eigen im Gaumen: blumig, vollmundig, herb, komplex.

MDVS_2014_12Completer 2012, Sprecher von Bernegg, Graubünden AOC.
Der Tropfen ist erst vor Kurzem in der Flasche gelandet. Extrem hellfarbig, dezent in der Nase, nasser Stein; herb im Gaumen, dazu viel Säure.

Pinot Blanc 2013, Sprecher von Bernegg, Graubünden AOC.
Ebenfalls hell, zurückhaltend, sauer und herb. Nicht so mein Fall.

MDVS_2014_31Cuvée Blanche 2013, Weingut Schloss Salenegg, Graubünden AOC.
Eine Assemblage aus weiss gekeltertem Pinot Noir und Chardonnay, dezentes und buttriges Bouquet, begleitet von floralen Noten wie Bergamotte, auch etwas grüne Birne; butterzart im Gaumen, prickelnder, süsslicher Abgang. Yeah!

Chardonnay Barrique 2011, Weingut Schloss Salenegg, Graubünden AOC.
Eine Bombe in der Nase! Butter, Williamsbirne, vollmundig. Rockt.

Cicero M Sauvignon Blanc 2013, Cicero Weinbau AG, Graubünden AOC.
Frischfruchtig, mineralisch, blumig, natürlich auch Stachelbeere, dazu grüne Peperoni, Gras und Kräuter.

Donatsch Completer Malanserrebe 2012,
Zitusnase mit hoher Säure, Geranien, Gras, grüne Peperoni, prickelnd im Gaumen, viel Säure, herb, granny Smith.

Und jetzt, endlich, die Roten – hurra!

Lenéo 2011, Fratelli Corti SA, Ticino DOC.
Ein Merlot, wie ich ihn Liebe! Schwarze Früchte, Leder, Tabak, dazu würzig; noch etwas kantig im Gaumen, präsente Säure, körnige Tannine.

MDVS_2014_18Salorino 2012, Fratelli Corti SA, Rosso del Ticino DOC.
Cuvée aus Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignen. Erdig, rot- und schwarzfruchtig; ebenfalls noch etwas ruppig im Gaumen. Paprika, Kräuter. Vollmundig. Ungestüm. Braucht Zeit.

Brancaia Chinati Classico Riserva DOCG 2010, La Brancaia SRL.
Ein Chianti, gekeltert von Ausslandschweizern, mit einem Bouquet von Tabak, Kaffee, schwarzen Früchten, wirkt noch ewas jung und wild. Solid, aber nichts Besonderes.

…zur Auffrischung ein weisser Zwischengang…

MDVS_2014_21Dézaley 1er Grand Cru La Gueniettaz 2012, Domaine Christophe Chappuis, Dézalay AOC.
Mineralisch, floral, frisch. Langer Abgang. So gut, dass ich keinen Bock habe, mehr Notizen zu machen. Prost.

…und ein Schaumwein hinterher…

Les Romaines Methode Traditionelle Brut Rosé 2012, Les Frères Dutruy, La Côte AOC.
Assemblage aus Pinot und Chardonnay. Melone, Erdbeere, Himbeere, herrlich frisch, prickelnd. Mehr!

Raissennaz Grand Cru 2004, Domaine Henri Cruchon, Morges La Côte AOC.
Erdbeere, Himbeere, Kirsche, Cassis, Bonbon; wirkt im Gaumen noch jung, vollmundig, intensiv, erstaunlich rotfruchtig und frisch nach 10 Jahren. Fein.

MDVS_2014_28Hohle Gasse Muttenz 2012, Jauslin Weine, Basel-Landschaft AOC.
Intensive Erdbeere, eher noch rote Kirsche, aber auch Tabak, Schokolade. im Gaumen vollmundig und dennoch fruchtig und drinkig mit einer herben Note im Abgang. Toll, dass ein Baselbieter am Mémoire & Friends so eine gute Figur abgibt!

…chinchin, nochmals Schämpis…

Stadt Zürich Schaumwein Brut, Landolt Weine AG, Zürichsee AOC.
Bei diesem weiss gekelterten Pinot Noir handelt es sich um den einzigen Stadtzürcher Schaumwein. Flaschenvergoren, Butter, Hefe, ein Hauch von Pfirsich. Super, trinkig. Hohe Säure, herb.

Salenegg Ambe, Weingut Schloss Salenegg, Graubünden AOC.
Das AOC im Beschriebt täuscht: Da es sich um eine Assemblage dreier unterschiedlicher Pinot Noirs handelt – separat ausgebaut im Stahltank, Fuder und im Barrique, jeweils mit unterschiedlichem Jahrgang – haben wir es hier mit einem Tischwein zu tun. Und er schmeckt speziell. Gut. Rauchig, Speck, Kirsche, Erdbeere, Himbeere. Spannender Wein.

MDVS_2014_30Salenegg Pinot Noir Barrique 2009, Weingut Schloss Salenegg, Graubünden AOC.
Brombeere, Cassis, Lakritz, Heidelbeere, erdig. Vollmundig und rund. Magnifique!

Salenegg Le Soleil d’Ulysse, Weingut Schloss Salenegg, Graubünden AOC.
Wow! Ein Bündner «Portwein» aus Pinot Noir mit einer für diesen Süsswein typischen Nase. Duftet verständlicherweise stark nach Alkohol, aber auch nach Dörrpflaume, reifen Brombeeren und exotischen Gewürzen. Oder wie Onkel Oskar treffend findet: «Wie ein Kuchen im Mund.» Lebkuchen, zum Beispiel.

MDVS_2014_33Lafenetscha La Traditionelle 2013, Gregor Kuonen, Caveau de Salquenen, Valais AOC.
Ganz zum Schluss wirds nochmals weiss. Und richtig gut! Salzig und mineralisch wie eine Petite Arvine, dazu Grapefruit und Stachelbeere wie ein Sauvignon Blanc, begleitet von sehr viel Säure und einem vollmundigen Abgang. Super.

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