Wein aus Basel-Stadt? Sicher doch! Mit rund 3,5 Hektar Reben ist das Weingut Riehen der grösste – und in dieser Form auch einzige – Produzent auf Basler Stadtboden.
Seit 2019 leitet Silas Weiss (25) das Weingut im äussersten Nordwesten der Schweiz. Geboren in Hawaii, ausgebildet in Zürich und der Westschweiz hat der junge Winzer über den Handel den Weg nach Riehen gefunden. Wie genau – das gibt’s im Podcast zu hören.
Die Reben im Riehener Schlipf sind umgeben von deutschen Weinbergen, am Fuss des Tüllinger Hügels liegt die weltberühmte Fondation Beyeler. Einzigartig ist auch die jüngere Geschichte des Weinguts Riehen: Nachdem der Gemeinderebberg 2014 neu verpachtet wurde, haben sich die Weine aus dem Schlipf in kurzer Zeit schweizweit einen Namen gemacht. Zuerst dank Winzer Thomas Jost und seinem badischen Partner Hanspeter Ziereisen, seit 2018 unter der Leitung von Ziereisen und dem Weinhändler Paul Ullrich – mit Silas Weiss als Winzer. Ein grenzübergreifendes Projekt sozusagen.
Diese Weine haben wir getrunken:
– Le Petit Pinot Blanc & Chardonnay 2017 – Le Grand Sauvignon Blanc 2017 – Le Petit Rouge 2016
Noch sind sie nackt, die
Flaschen, die im Weingut Riehen auf dem Kellerboden stehen. Aufgereiht wie
Mini-Soldaten. «Wir sind bisher nicht zum Etikettieren gekommen.» Silas Weiss
nimmt es gelassen. Denn das Wichtigste ist: Die Trauben sind schon lange im
Trockenen. Sie schlummern im Fass und erinnern gelegentlich mit einem
blubbernden Geräusch daran, dass hier Wein entsteht – als würden sie durch den
Gärfilter rülpsen. Draussen, auf den 3,5 Hektar umfassenden Rebbergen im Schlipf
oberhalb des Riehener Naturbads, recken die Trauben ihre jungen Triebe dem
Himmel entgegen.
Im vergangenen Herbst war es auf dem Weingut hektischer. Nicht nur wegen der stets sehr lebhaften Erntezeit, sondern auch wegen des überraschenden Weggangs von Thomas Jost. Der junge Winzer hatte das Weingut Riehen Anfang 2014 als 26-Jähriger übernommen und es zusammen mit Hanspeter Ziereisen innerhalb weniger Jahre in die Topliga der Schweizer Weinproduzenten katapultiert. Im Mai 2018 entschied sich Jost, das Weingut, zu dessen Erfolg er massgeblich beigetragen hatte, zwecks Neuorientierung zu verlassen.
Vorne: Reben im Riehener Schlipf. Hinten: Häuser in Deutschland.
Bis Silas Weiss ins
Spiel kommt, vergehen noch einige Monate. Während der Ernte konnte sich der
23-Jährige kurz als Helfer warmlaufen – eingewechselt als neuer Betriebsleiter
wurde er aber erst Anfang 2019. Davor hat Hanspeter Ziereisen – einer der
bekanntesten Winzer Deutschlands – mit seinem Team für die Reben und die
Verarbeitung der Ernte gesorgt.
Notabene während sich
der Markgräfler gleichzeitig um sein eigenes, wesentlich grösseres Weingut im
nahen Efringen-Kirchen (D) kümmert. Kein Wunder, blieben da alle nicht so
drängenden Arbeiten liegen. Zum Beispiel das Anbringen von Etiketten. Auf
diesen wird nun «Weingut Riehen» stehen – anstatt wie bisher «Jost &
Ziereisen».
Gern im Grünen: Silas Kawika Weiss – der mittlere Name bedeutet «David» – und ist eine Referenz an Davids Geburtsort Hawaii.
«Während der Ernte hat
Hanspeter bis um vier Uhr nachts Trauben verarbeitet», erinnert sich Weiss an
seine ersten Tage auf dem Weingut. Zu diesem Zeitpunkt war er noch in der
Weinhandlung von Jacqueline und Urs Ullrich tätig. Die beiden sind im Sommer
2018 neben Ziereisen als Co-Investoren beim Weingut Riehen eingestiegen. So
wurde aus einem der grössten Schweizer Weinhändler plötzlich auch ein
Weinproduzent. Und Silas Weiss konnte nach zwei Jahren im Verkauf wieder in
seinen erlernten und ersehnten Beruf als Winzer zurückkehren.
«Ich hatte auch andere
Möglichkeiten», sagt Weiss, «aber ich wollte in Basel bleiben – hier habe ich
viele Freunde.» So wurde er zu einem der ganz wenigen Winzer auf stadtbasler
Boden. Aufgewachsen am Neuenburgersee, absolvierte Weiss seine Winzerausbildung
in der Westschweiz und auf dem Zürcher Höngg. Danach folgte ein halbes Jahr auf
einem Weingut im kalifornischen Napa Valley.
Erfrorene Triebe: Der Frost führte auch in Riehen zu Schäden – zum Glück nur zu kleineren.
Und nun pendelt Silas
Weiss zwischen Riehen und Efringen-Kirchen. «Bei Ziereisens fühlt es sich an
wie in einer grossen Familie», findet der 23-Jährige. Er ist dankbar um sein
grenzüberschreitendes Engagement – das kleine Weingut in Riehen und der
Familienbetrieb im Markgräflerland ergänzen sich gut. Ausserdem gibt es beim
erfahrenen Ziereisen viel zu lernen. «Ich ticke ähnlich wie Hanspeter – wir
packen gerne an, anstatt lange zu lamentieren», sagt der junge Winzer. Und da
bei der Weinwerdung im Keller nur so wenig wie möglich eingegriffen wird,
bleibt mehr Zeit für die Arbeit in der Natur.
Teil der Philosophie
Bis Silas Weiss die
Früchte seiner Arbeit kredenzen kann, dauert es allerdings noch etwas – die
Crus des Weinguts Riehen kommen jeweils nach rund zwei Jahren in den Verkauf.
So haben die Weine genug Zeit, um sich zu entwickeln und zu harmonisieren. Auch
das ist Teil der Philosophie. Aktuell kümmert sich Weiss sozusagen um seine
Stiefkinder. Er ist glücklich mit ihnen – das merkt man beim gemeinsamen
Verkosten.
Als nächstes kommt der
Jahrgang 2016 in Umlauf. Ein erstes Mal probiert werden können die Gewächse
morgen Donnerstag und am Freitag an den Schweizer Weintagen in der Markthalle
Basel. Vielleicht wurden die Flaschen bis dahin ja mit ihren Etiketten
eingekleidet.
Wenn diese beiden Granaten etwas verbindet, ist es weniger das schöne Bild im Hintergrund – sondern die straffe Säure. Dass Ziereisens Spätburgunder Schulen 2013 aus Efringen-Kirchen (Markgräflerland, Baden) dabei die schlankere Figur abgibt als der Württemberger Lemberger – aka Blaufränkisch – aus Stetten bei Stuttgart, ist kein Wunder: mit 12,5 Vol.-% hat der Pinot zwei Umdrehungen weniger als der Haidles Top-Lemberger, der auch sonst ziemlich viel Power mitbringt…von der Frucht bis zum Würze.
Ziereisens Spätburgunder Schulen 2013 (rechts) hat mich in den letzten Wochen gleich zweimal hingerissen mit seiner saftig-eleganten Art – einmal davon in einer Blinddegu, in der er zahlreiche Artgenossen aus dem Dreiland ausgestochen hat. In der Nase ist der Cru zunächst blumig-fruchtig mit Anklängen von dunkler Kirsche, Veilchen, zartbitterer Mandelschokolade, Unterholz, aber auch reife dunkle Beeren und einem dezenten Schuss Pfeffer. Im Gaumen rund und saftig, zunächst wird die schöne Frucht bestätigt, dann sorgen die straffe Säure und balsamische Noten für Stringenz, auf der Zunge zarte Gerbstoffe, zartbitter im Abgang. Wunderbare Balance – leichtfüssig und elegant.
Der Lemberger Berge Grosses Gewächs 2015 des Weinguts Karl Haidle (links) gibt sofort Vollgas – wuchtige dunkle Beerenfrucht, Sauerkirsche, schwarze Johannisbeere, Lorbeer, Gewürznelke, erdige Noten im Hintergrund, dunkle Schokolade, Liebstöckel. Im Gaumen rund und vollmundig, zunächst würzig und mit toller Säure, dann mit markanten aber bereits gut eingebundenen Gerbstoff. Die vielen Umdrehungen sind deutlich spürbar hinten raus – aber gut abgefedert in einem Tannin- und Aromagerüst, gute Balance zwischen Frucht und Struktur. Sehr lang anhaltend.
Was ich an beiden Crus mag ist ihre Frische und die wunderbare Balance aus saftiger Frucht, balsamischer Frische und feiner Würze. Trotzt unterschiedlicher Gewichtsklasse in Sachen Alk-Hubraum wirken beide Weine irgendwie artverwandt…insofern ergänzen sich die beiden Crus perfekt.