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Schlagwort-Archiv: Tempranillo

Ribera del Duero entdeckt die Einzellage

17 Montag Dez 2018

Posted by Bonvinvant in Kolumne, Spanien

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Alcubilla de Avellaneda, Baur au Lac, Calmo, Einzellage, Legaris, Moradillo de Roa, Olmedillo de Roa, Páramos de Legaris, Ribera del Duero, Spanien, Tempranillo, Tinta del País

Brillen- und Weingläser beim Legaris-Tasting im Baur au Lac. Foto: zVg

Ich war noch nie dort. Aber sie war schon in mir: Ribera del Duero, Weltklasse Weinregion im Herzen von Spanien mit ihren opulenten und gleichzeitig frischen Tropfen. Die Gewächse an den Flanken des Flusses Duero wissen, wie man sich Platz verschafft. Nicht nur im Gaumen, sondern auch in der traditionsreichen Geschichte des spanischen Weinbaus. Diese wird erst seit 1982 von der damals frisch klassifizierten D.O. Ribera del Duero aufgemischt – ein Klacks, verglichen mit dem Giganten Rioja 200 Kilometer nordöstlich, wo die Winzer bereits im 16. Jahrhundert ein gemeinsames Fass-Branding ausheckten.

Wie krass die Region Duero an Boden gut gemacht hat, zeigt die Anzahl der Kellereien: Diese ist seit der Klassifizierung von neun auf rund 300 hochgeschnellt. Die Anbaufläche in der kargen Hochebene hat sich mehr als verdoppelt auf über 22’500 Hektaren. Darauf wächst mit einem Anteil von 97 Prozent (!) fast ausschliesslich die spanische Leitsorte Tempranillo aka Tinta del País. Dank der vergleichsweise kurzen Geschichte konnte sich Ribera del Duero als junge Region mit modernen Weinen und Weingütern positionieren – und sich einen Platz im Olymp der besten Rotwein-Regionen sichern.

Die Entwicklung und der Charakter der Region, ihrer Weine,aber auch deren Veränderung, lässt sich gut am Produzenten Legaris aufzeigen. Die Bodega ist mit knapp 20 Jahren sogar noch jünger als die D.O. Ribera del Duero. Trotz moderner Designer-Kellerei und einer beachtlichen Grösse von 93 Hektaren bewegen sich die neuen Weine von Legaris weg von zu viel Keller-Schnickschnack, rein in den Weinberg. Dort soll der individuelle Charakter der Einzellagen herausgeschält und hervorgehoben werden – eine Tendenz, die sich vielerorts in Spanien abzeichnet. Und im Keller lautet dieDevise: Weg von Reinzuchthefen und (zu) viel Schwefel.

Verkostung mit Legaris-Weinmacher Jorge Bombín und dem Schweizer Spanien-Spezialist David Schwarzwälder. Foto: zVg

Das Resultat dieser Renaissance hat Jorge Bombín, Chef-Önologe bei Legaris, unlängst bei einer Verkostung im Zürcher Hotel Baurau Lac präsentiert. Die 2015er-Weine der neuen Serie «Vinos de Pueblo» (Ortsweine) bestechen durch eine schöne Balance zwischen Power und Eleganz. Sie wurden offen vergoren mit Hefen aus dem Rebberg und ungeschönt und ungefiltert abgefüllt. Die Aromen vom Holzausbau sind dezent, die Frucht dafür präsent. Auch mit ihrer puristischeren Machart behalten die tiefroten Tropfen den dunkelfruchtigen, dichten und würzigen Charakter. Auf traditionelle Zusatzbezeichnungen wie «Crianza» für junge, trinkfertige Crus oder «GranReserva» für den gelagerten Stoff wird verzichtet – hier steht die Lage im Zentrum, nicht die Lagerung (bzw. deren Dauer).

Ihre neuen Nuancen verdanken die Crus den Lagen, deren Eigenheit nun nicht mehr als Verschnitt in der Masse ertrinkt. Daneben offenbaren aber auch die Lagenweine deutlich den Charakter der ganzen Region Frucht und Wucht zeugen von heissen und trockenen Sommern und den dicken Häutender Tempranillo-Traube.

Dass diese Geschosse dennoch ihre Frische behalten, verdanken sie den extremen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Diese können auf der bis zu 1000 Meter hoch gelegenen Ebene um bis zu 20 Grad Celsius schwanken. Die kalten Nächte sorgen dafür, dass sich Aroma und Säure nicht in Luft auflösen. Statt plumper Alkoholbomben entstehen kräftige und dennoch raffinierte Weine, die fast jedes Weihnachtsgericht begleiten können –egal ob duftig oder deftig.

Verkostungsnotizen

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Mirto-Vertikale 1999-2011: Eine Zeitreise in die Zukunft des Rioja

18 Freitag Nov 2016

Posted by Bonvinvant in Degustiert, Rioja (ESP)

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Schlagwörter

Degu, Degustation, Haro, Mirto, Ramón Bilbao, Rioja, Rioja Alta, Tempranillo, Verkostung, Vertikale

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Zurück in die Zukunft: Das ist nicht Ramon Bilbao, sondern Matthew Bywater, Markenbotschafter und Pilot beim Mirto-Flight in der Modissa Rooftopbar Zürich.

Der Mirto ist ein Lagenwein – aber nicht immer aus derselben Lage. Er wird ausgebaut in Barriques – aber nicht immer in den selben Barriques. Gekeltert wird nur in den besten Jahren. Und der Mirto lässt sich, anders als die meisten Riojas, nicht in die Ausbau-Schubladen «Crianza» (mind. 2 Jahre gereift, davon 1 J. im Fass), «Reserva» (mind. 3 J., davon 1 J. Fass) oder «Grand Reserva» (mind. 5 J., davon 2 J. Fass) stecken.

Warum nicht? Der Mirto will über seine Lage und nicht über seine Lagerzeit definiert werden. Ein Terroirwein sozusagen. Deshalb möchten die Bodegas Ramón Bilbao aus Haro in Rioja Alta ihr Flagschiff auch unter Namensnennung der jeweiligen Einzellage (sie kann je nach Jahrgang variieren) abfüllen. Aktuell ist dies gemäss Weingesetzgebung der DO noch nicht erlaubt.

Gut möglich aber, dass sich dies bald ändert. Eine entsprechende Anpassung wird diskutiert – angestossen vom Engagement jener Winzer, die ihre Weine über Qualität und Terroir definieren möchten und nicht über das bisherige Dreiklassen-System, deren Kategorien zum Teil ein markantes internes Qualitätsgefälle aufweisen (weil sie sich, wie gesagt, v.a. über die Ausbauzeit definieren).

Die Verkostung durch die Mirto-Jahrgänge 1999, 2004, 2006, 2009 und 2011 ist also nicht nur ein Blick in die Vergangenheit. Sondern auch ein Ausblick in die Zukunft. Die Vertikale zeigt nämlich, in welche Richtung rote Rioja-Weine gehen können, wenn sie als Einzellage vinifiziert werden. Eine schöne Perspektive!

Ramón Bilbao, Mirto 1999
Der allererste Mirto. Siebzehn Jahre jung – dieser Teenager-Tempranillo aus der Sandstein-Lage «Villalba» hat sich sehr gut gehalten: Die Fruchtaromen im Bouquet sind reif, präsent und erinnern an Cassis, Zwetschge und (nicht zu süsse) Brombeermarmelade, daneben eine sanft-süsse Würze nach Zimt und Weihnachtsgebäck aber auch Lakritz und Minze, Noten von Tabak und dunkler Schokolade. Gedanken an einen schön gereiften Merlot werden wach. Im Gaumen gibt sich der Teenie frisch mit lebendiger Säure und griffigem Gerbstoff, die Frucht ist dunkel, das Finish lang, ätherisch und mineralisch. Die folgenden Jahrgänge werden zeigen, dass sich der 1999er besser gehalten hat als einige seiner jüngeren Brüder. Mit der Zeit wirkt der Wein in der Nase allerdings etwas staubig – aber bevor ich prüfen konnte, ob die Zeit den Staub wieder wegbläst, war das Glas leer.

Ramón Bilbao, Mirto 2004
Rubinrot mit Granatreflexen – farblich wirkt dieser Mirto älter als sein 5 Jahre jüngerer Bruder (sofern ich das im Halbdunkel der Modessa-Rooftopbar in der Zürcher Langstrasse erkennen kann). Und auch in der Nase gibt sich der Dude ganz anders. Reifer. Fast schon leicht eingekocht. Pflaume und Zwetschge sind da, Pfeffer, Tabak wieder, und statt schwarz ist die Schokolade jetzt milchig. Ganz anders also. Kein Wunder, dieser Mirto stammt (ausnahmsweise) aus der Lage «Abalos» mit einem etwas schwereren Boden aus Sandstein, Lehm und Sand. Im Gaumen wesentlich frischer als in der Nase mit toller Säure, einer gewissen Mineralik und frischer Kräuterwürze, leichte Amertume im Abgang. Hier wirkt die Schokolade nicht mehr milchig, sondern dunkel und mit einem Schuss Salz.

Ramón Bilbao, Mirto 2006
Ein saftiger und sehr fruchtiger Mirto. Neben Cassis und Brombeere auch erdige Aromen, Zedernholz und – wieder – Milchschokolade; im Gaumen frisch, von animierender Würzigkeit, mineralisch. Im Mund mit Noten von Lakritz und grünem Unterholz. Elegant und straight, aber (noch) etwas weniger ausgewogen als seine Vorgänger aus den Jahren 1999 und 2004. Dafür frischer.

Ramón Bilbao, Mirto 2009
Je länger die Degu, desto kürzer die Notizen. Das liegt aber auch daran, dass die Mirto-Weine mit ihrer lebendigen Säure und einer animierenden Mineralik im Gaumen einen klaren roten Faden erkennen lassen. Und dass der 09er zwar frischer, aber dem 06er doch recht ähnlich ist. Brothers from another mother, beziehungsweise Jahrgang. Zurückhaltend und elegant zeigt der Mirto hier ein Bouquet von frischen roten und schwarzen Beeren (Sauerkirsche, Johannisbeere) sowie würzige Nuancen von Lakritz und Zedernholz. Im Gaumen mit Grip und ausgeprägter Mineralik, viel Säure und schön eingebundenen Tanninen. Nach einiger Zeit auch mit Anklängen reiferer Fruchtaromen und einer süsslicheren Würzigkeit.

Ramón Bilbao, Mirto 2011
Nach fünfjähriger Reife ist der aktuelle Mirto Jahrgang 2011 das Nesthäkchen dieser Vertikalverkostung. Und so gibt sich dieser Wein auch: Mit quietschlebendiger, opulenter, fast schon kitschig wirkender Frucht, schwarze Holunder- und Johannisbeeren etwa, daneben auch florale Veilchennoten, ein Hauch von Teer sowie frisches Unterholz und Kräuter. Im Mund mit sehr lebendiger, fast schon prickelnder Mineralität, einer frischen Würze und dunkler, animierender Frucht. Die Säure ist vif, die Tannine haben Grip – ein saftige-frischer Mirto, der förmlich aus dem Glas jauchzt.

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Elf aussergewöhnliche Tropfen an der Basler Weinmesse

02 Samstag Nov 2013

Posted by Bonvinvant in Degustiert, Meine Zeitungsartikel

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Schlagwörter

5 Estrellas Tinto, Alain Graillot, Amourone, Andy Varonier, Basel, Baselland, Basler Weinmesse, C. Varonier & Söhne, Castilla y Leon, Côteaux de Schengen, Charles Smith Wines, Château Musar, Château Musar Rouge, Domaine Ampeloeis, Domaine Henri Ruppert, Domaine Lantides, Domaine Nussbaumer, Francis Ford Coppola, G-Punkt, G-Punkt Nemea, Griechenland, La Réglisse, Libanon, Luxemburg, Malaguiza Ampeloeis, Marokko, Mexiko, Nicolas Dolder, Novartis, Pago Negralada, Pago Negralada 2010, Pinot Gris, Proyecto Firmamento, Riesling Kung Fu Girl, Sélection 12, Syrah du Maroc, Tandem, Tempranillo, Valais, Weinmesse, Zinfandel Director's Cut

Auf Entdeckungsreise an der Basler Weinmesse: Dabei stiessen wir auf Exoten aus Mexiko und Libanon, einen plumpen Schauspieler aus Kalifornien, einen enttäuschenden G-Punkt und eine Walliser Whisky-Nase.

Coppola_Directors_Cut«Coppola, dieser alte Mafioso», lacht die Frau hinter der Theke und murmelt etwas von «…Grossvater bei der Mafia…» während sie eine Flasche Zinfandel Director’s Cut 2011 hervorklaubt. Der amerikanische Starregisseur Francis Ford Coppola produziert nämlich nicht nur Blockbuster wie «Der Pate» oder «Apocalypse Now», sondern auch Weine von ähnlicher Wucht. Wir befinden uns am Stand der Obrist SA, einer von rund 130 Weinhändlern- und Produzenten der diesjährigen Basler Weinmesse. Und Coppolas «Director’s Cut» ist einer von über 4500 Weinen, die noch bis am Sonntag in der Messehalle vier degustiert werden können.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Tropfen hat dieser Wein allerdings einen weltbekannten Paten, auch wenn die Arbeit in Rebberg und Keller selbstverständlich andere verrichten. Wie ist er also, der Zinfandel – die Sorte kennt man auch als Primitivo – von Coppola? Dezent in der Nase, wuchtig im Gaumen und die Etikette ist toll. Hinter der schönen Fassade ist der Wein leider viel zu eindimensional – wie ein schlechter Schauspieler. Weitere Degustations-Details gibts in der obenstehenden Bildstrecke.

Der Walliser Whisky-Winzer

Wir schlendern derweil weiter zum Walliser Winzer Andy Varonier am Stand der «Weininsel» Varen. Der blonde Hühne stand früher im Tor des FC Sion, nach einem Abstecher in die Teppichetagen der Privatwirtschaft hat er die Geschicke des Familienunternehmens übernommen. Michael Bahnerths BaZ-Artikel über das Wallis – dessen verkappte Liebesbotschaft in den Bergtälern als Schmähschrift missverstanden wurde – findet er super, schickt Varonier voraus, bevor er das Glas mit einer Flüssigkeit füllt, die von der Farbe her auch Wasser sein könnte. Weit gefehlt! Intensive Zitrusdüfte betören die Sinne, wie das hundert Hektoliter Bergwasser nicht könnten.

Nach ein wenig Luftkontakt folgen intensive Rauch-, Holz- und Vanillenoten. «Das ist der Wein mit der Whisky-Nase», sagt Varonier über diese weisse Assemblage namens «La Réglisse» und erzählt von seinem schottischen Kellermeister Jamie McCulloch, der den Weinen mit US-Eichenfässern einen rauchig-würzigen Hauch Heimat einflösst. Und plötzlich meint man, im Glas auch Torf zu riechen. 2009 machten der Schotte und der Ex-Goalie ihre erste «Whisky-Nase», inzwischen tüfteln die beiden sogar an der Weisswein-Lagerung in alten Whisky-Fässern. Die ersten Zwischenergebnisse sind mindestens so vielversprechend wie der Name unseres nächsten Weines: G-Punkt.

Der wuchtige Wein von Novartis – ja, Novartis

G-RED-Lantides-Estate-Agiorgitoko-2008Am Mykonos-Stand dann die Enttäuschung: Das «G.» auf der Etikette steht für «Greece», frivol ausformuliert wurde der Name durch den cleveren Schweizer Importeur. Abgesehen vom Namen ist der Wein allerdings kaum der Rede Wert. Ganz im Gegensatz zum «Pago Negralada 2010», einem erstklassigen Tempranillo aus dem spanischen Weingebiet Ribera del Duero. Hier sind weder Traube noch Herkunft aussergewöhnlich, sehr wohl aber das Weingut Abadia Retuerta. Dieses gehört nämlich niemand geringerem als der Novartis, wie Rolf Long am WeinHotel-Stand erklärt. Offenbar betreibt der Basler Pharma-Multi sogar eine eigene Importfirma, um seine Mitarbeiter in der Schweiz mit seinen spanischen Schätzen zu versorgen. Mit 89 Franken hat dieser opulente und dennoch geschmeidige Rotwein mit langem Abgang allerdings einen ziemlich stolzen Preis.

Da investiert man diese Summe lieber in zweienhalb Flaschen Château Musar Rouge 2005 aus dem Libanon. Sie haben richtig gelesen: Libanon! Das Land im Nahen Osten verfügt über eine Jahrtausende alte Weinbaugeschichte. Wenn die libanesischen Böden und das mediterrane Klima gepaart werden mit den Erfahrungen, die der Winzer in Bordeaux gesammelt hat, dann resultiert daraus ein Spitzenwein mit ganz eigenem Charakter von roten und schwarzen Früchten, wunderbar animalischen Noten und einem Abgang, den Flaschengeist Aladin kaum köstlicher aus der Wunderlampe hätte zaubern können.

Auf der Suche nach der Amourone-Dame

Zum Abschluss packt uns der Lokalpatriotismus und wir landen am Domaine-Nussbaumer-Stand des Aescher Winzers Nicolas Dolder, den wir 2011 bei der Ernte in der vorderen Klus begleitet haben und der mit dem «Amourone» ebenfalls einen ganz speziellen Tropfen vorzuweisen hat. Dolder ist zwar nicht der einzige Winzer aus der Region, der eine lokale Version des Valpolicella-Klassikers Amarone keltert, einzigartig ist allerdings die Geschichte dahinter: Bei einer Betriebsführung mit Wirtschaftsstudenten hat er vor nicht all zu langer Zeit angedeutet, dass er nach einem originelleren Namen für seinen Strohwein sucht.

Eine junge Frau schlug «Amourone» vor und traf damit mitten in Dolders Weinherz. Er würde der kreativen Studentin zu gerne zwei Kisten «ihres» Weins zukommen lassen – nur hat der Winzer ihren Namen bisher nicht herausgefunden. Nun steht der erste «Amourone»-Jahrgang – das Elixier getrockneter Diolinoir-Trauben – auf der Theke und verströmt Bonbon-ähnliche Aromen von Brombeere, Lakritz und Cassis. Im Gaumen gibt sich diese Fruchtbombe fast so dicht wie die Weinfülle in der Messehalle vier. Neben den eben vorgestellten Kuriositäten haben wir aus den über 4500 Tropfen weitere bemerkenswerte Weine herausgefiltert. Die Degustationsnotizen gibts in der Bildstrecke – geboten werden unter anderem ein Kampfmädchen aus Kalifornien, ein rassiger Mexikaner und eine Wundertüte aus Schengen.

Und jetzt – endlich – zum Wein-Countdown…

Francis Ford Coppola, Zinfandel Director’s Cut 2011, Kalifornien (27.40-)
Auf Platz 11 ein plumper Schauspieler: Der Regisseur von Filmklassikern wie «Der Pate» und «Apocalypse Now» macht nicht nur Blockbuster, sondern auch Weine. Zum Beispiel der Zinfandel Director’s Cut. Äusserlich überzeugt der Wein mit einer schön gestalteten, extravaganten Etikette, die sich zweimal um die Flasche schlingt. Weniger überzeugend ist dann aber das Bukett. Dafür, dass er unter der heissen Sonne Kaliforniens herangereift ist, gibt sich der Zinfandel (im «Paten» würde er Primitivo heissen) ziemlich zurückhaltend: schwarze Johannisbeere, Kirsche, that’s it. Im Gaumen wird es dann eindeutig wuchtiger: Ein voller Körper, Lakritz, Cassis, Pfeffer und ein fast endloser Abspann. Insgesamt ist dieser Rote fast zu plump – als würde man die Pate-Trilogie am Stück gucken. Und hinter der schönen Fassade zu eindimensional – wie ein schlechter Schauspieler.
Stand: Obrist SA (4.1/B21)

Domaine Lantides, G-Punkt Nemea 2008, AOC, Griechenland (35.-)
Platz 10: G-Punkt – was für ein Name für einen Wein! Leider hält der aus der autochtonen griechischen Rebsorte Agiorgitiko gekelterte Rotwein nicht, was er verspricht: Das Bukett riecht dezent wie ein frisch gewaschenes Unterhöschen, herb, etwas schwarze Frucht, vor allem Brombeere. Im Gaumen dominieren Säure und Tannine die Frucht. Etwas Lagerung dürfte dem Tropfen guttun. Der G-Punkt ist ein solider Wein, er befriedigt allerdings nur oberflächliche Wein-Gelüste, für einen önologischen Orgasmus reicht die Stimulation der Sinne hier nicht.
Stand: Mykonos GmbH (4.1/B26)

Kung-Fu_wine-52Charles Smith Wines, Riesling Kung Fu Girl 2012, Amerika (15.90-)
Charles Smith (r.) rauft sich auf Platz 9 die Haare: Ein Riesling aus Washington ist fast so selten anzutreffen wie ein Cowboy an der Mosel. In der Nase betören intensive Aromen von reifer Birne, Pfirsich und Ananas, der Duft von Apfel sogt für etwas Frische. Im Gaumen gibt sich das Kung Fu Girl zart, fast schon zu sanft. Hier wirkt der Riesling frischer als in der Nase, auch wenn ihm im Vergleich zu seinen deutschen Konkurrenten etwas die Säure und Mineralität fehlt. Dennoch: ein gut zu trinkender Wein, der einen nicht auf Anhieb ausknockt.
Stand: Paul Ullrich AG (4.1/C22)

Alain Graillot, Tandem, Syrah du Maroc 2010, Marokko (22.-)
Ein heisser Marokkaner mit Rhône-Charakter auf Platz 8: Eigentlich ist Syrah ja im nördlichen Rhônetal beheimatet. Bei diesem Experiment wird die rassige rote Sorte allerdings in der heissen Marokko-Region Meknèz-Fèz angebaut. Dank kühlen Nächten gelingt dennoch ein ausgewogener und raffinierter Wein. Erdbeere, Brombeere und Pflaume im Bukett, dazu animalische Noten; im Gaumen wird es dann würzig und pfeffrig. Die reife Frucht zeugt von der nordafrikanischen Hitze während die frische Säure die kühlen Nächte belegt. Ein vollmundiger Wein mit viel Tannin und langem, herbem Abgang. Ob man dazu Wasserpfeiffe rauchen kann?
Stand: La passion du Vin (4.1/B17)

C. Varonier & Söhne, La Réglisse 2012, AOC Valais (20.-)
Platz 7 für die Walliser Whisky-Nase: Die Assemblage aus Chardonnay, Riesling, Muscat und Malvoisie hat ein angenehmes Bouquet vom Zitrone, Grapefruit und Stachelbeere, dazu ein mineralischer Unterton und blumige Nuancen. Nach kurzer Zeit gesellen sich deutliche Rauch-, Holz- und Vanillenoten dazu – damit will der schottische Kellermeister Jamie McCulloch den Duft eines Whiskys ins Weinglas zaubern, was ihm erstaunlich gut gelingt. Plötzlich meint man auch Torf in der Nase wahrzunehmen. Im Gaumen präsentiert sich dieser farblich blasse Weisswein erstaunlich crèmig und vollmundig mit einer guten Säure-Struktur als Rückgrat, leichter Restsüsse und einem herben, langen Abgang.
Stand: Weindorf Varen (4.1/C09)

AA_5_EstrellasProyecto Firmamento, 5 Estrellas Tinto 2009, Mexiko (23.50-)
Platz 6: Ay Caramba, es gibt noch andere mexikanische Alkoholika als Tequila! Zusammengesetzt aus «5 Sternen», nämlich den Rebsorten Tempranillo, Garnacha, Cinsault, Merlot und Cabernet Sauvignon, verschmilzt dieser Tropfen die verbreitetsten Traubensorten von Spanien und des Bordelais (F). Und wie dort, findet man auch im 5 Estrellas deutliche Barrique-Noten wie Vanille und Tabak, dazu Leder, Brombeere und Pflaume. Im Gaumen wird es dann pfeffrig mit schwarzen Johannisbeeren, Erdbeeren und Brombeeren. Ein dichter und vollmundiger Wein mit vielen Gerbstoffen. Ohne seine exotische Herkunft würde es dieser solide Wein beim breiten Angebot der Weinmesse wohl eher schwer haben, aufzufallen.
Stand: Paul Ullrich AG (4.1/C22)

Domaine Ampeloeis, Malaguiza Ampeloeis 2012, Griechenland (24.-)
Auf Platz 5 ein autochtoner Weisswein (Malagousia) aus Griechenland: Die blumige Zitrus-Nase mit Grapefruit und Stachelbeere erinnert an einen Sauvignon Blanc – allerdings verfügt dieser Nordgrieche über weniger Säure. Dennoch kommt der Tropfen auch im Gaumen frisch daher mit herben Zitrusnoten. Ein solider Weisswein.
Stand: Mykonos GmbH (4.1/B26)

Domaine Nussbaumer, Amourone 2011, AOC Baselland (26.-)
Platz 4: Im Valpolicella dürfte sich dieser Tropfen Amarone nennen. Weil dieser Strohwein aus getrockneten Trauben aber aus der Aescher Klus kommt, heisst er Amourone. Gekeltert aus der Garanoir-Traube duftet diese Fruchtbombe in der Nase wie ein Bonbon aus Brombeere, Lakritz und Cassis. Ebenso im Gaumen, wo sich das rote Elixier wie erwartet sehr dicht und vollmundig präsentiert. Der Name Amourone stammt von einer Basler Wirtschaftsstudentin, die bei einer wohl feuchtfröhlichen Betriebsführung einen Geistesblitz hatte. Dafür hat sie sich zwei Kisten Wein verdient – sofern sich die Gute bei Winzer Nicolas Dolder meldet. Er hat nämlich ihren Namen nicht.
Stand: Domaine Nussbaumer (4.1/B19)

Schengen_messeDomaine Henri Ruppert, Sélection 12, 2011 Pinot Gris, Côteaux de Schengen, Luxemburg (24.50-)
Platz 3 geht an diese Wundertüte aus Luxemburg: Geographisch und klimatisch liegt das Schengener Weinbaugebiet gleich neben der Mosel. So verwundert es denn auch nicht, dass dieser dort angebaute Pinot Gris eher mineralisch-deutsch anstatt lieblich wie aus dem Elsass daherkommt. In die Nase steigen frische Zitrusnoten, Grapfruit und Stachelbeeren; im Gaumen präsentiert sich das Luxemburgerli trotz leichter Restsüsse frisch und mineralisch. Der volle Körper und der lange Abgang komplettieren den positiven Eindruck dieses speziellen Grauburgunders.
Stand: Weinhoteliers (4.1/A30)

Abadia Retuerta, Pago Negralada, Tempranillo 2010, VdT, Castilla y Leon, Spanien (89.-)
Tannine statt Pillen auf Platz 2: Pharma-Multi Novartis besitzt ein Weingut in der spanischen Weinregion Ribera del Duero und der Lagenwein Pago Negralada zählt zu dessen Flagschiffen. Reife rote und schwarze Früchte betören die Nase, Holz und Vanille zeugen vom Fassausbau. Im Gaumen sucht man vergebens nach medizinalen Noten, dafür dominieren Brombeere und Pflaume. Ein opulenter und doch geschmeidiger Rotwein mit langem Abgang. Und stolzem Preis.
Stand: Weinhoteliers (4.1/A30)

Château Musar, Château Musar Rouge 2005, Libanon (36.-)
Auf Platz 1 triumphiert die Überraschung aus Libanon: Diese im Bordeaux-Stil ausgebaute Assemblage aus Cabernet Sauvignon, Cinsault und Carignan ist eine Wucht. Intensiv in der Nase versprüht der Tropfen Aromen von Himbeere, Brombeere, sowie Barrique-Düfte wie Nuss, Vanille oder Toast; dazu gesellen sich Würze und animalische-muffige Noten wie Leder oder nasser Karton – nicht jedermanns Sache, aber in diesem Fall unwiderstehlich. Im Gaumen machen sich die für dieses Alter erstaunlich wilden und ausgeprägten Tannine sofort auf der Zunge bemerkbar, daneben schwarze Früchte wie Brombeere, Pflaume und Kirsche. Der Abgang ist ewig – fast wie die Weinbaugeschichte im Libanon. Spannend, gut – und im Vergleich zu ähnlichen Bordeaux-Tropfen geradezu billig.
Stand: La passion du Vin (4.1/B17)

AA_Chateau_Musar

Dieser Beitrag wurde erstmals auf Bazonline veröffentlicht.

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