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Brillen- und Weingläser beim Legaris-Tasting im Baur au Lac. Foto: zVg

Ich war noch nie dort. Aber sie war schon in mir: Ribera del Duero, Weltklasse Weinregion im Herzen von Spanien mit ihren opulenten und gleichzeitig frischen Tropfen. Die Gewächse an den Flanken des Flusses Duero wissen, wie man sich Platz verschafft. Nicht nur im Gaumen, sondern auch in der traditionsreichen Geschichte des spanischen Weinbaus. Diese wird erst seit 1982 von der damals frisch klassifizierten D.O. Ribera del Duero aufgemischt – ein Klacks, verglichen mit dem Giganten Rioja 200 Kilometer nordöstlich, wo die Winzer bereits im 16. Jahrhundert ein gemeinsames Fass-Branding ausheckten.

Wie krass die Region Duero an Boden gut gemacht hat, zeigt die Anzahl der Kellereien: Diese ist seit der Klassifizierung von neun auf rund 300 hochgeschnellt. Die Anbaufläche in der kargen Hochebene hat sich mehr als verdoppelt auf über 22’500 Hektaren. Darauf wächst mit einem Anteil von 97 Prozent (!) fast ausschliesslich die spanische Leitsorte Tempranillo aka Tinta del País. Dank der vergleichsweise kurzen Geschichte konnte sich Ribera del Duero als junge Region mit modernen Weinen und Weingütern positionieren – und sich einen Platz im Olymp der besten Rotwein-Regionen sichern.

Die Entwicklung und der Charakter der Region, ihrer Weine,aber auch deren Veränderung, lässt sich gut am Produzenten Legaris aufzeigen. Die Bodega ist mit knapp 20 Jahren sogar noch jünger als die D.O. Ribera del Duero. Trotz moderner Designer-Kellerei und einer beachtlichen Grösse von 93 Hektaren bewegen sich die neuen Weine von Legaris weg von zu viel Keller-Schnickschnack, rein in den Weinberg. Dort soll der individuelle Charakter der Einzellagen herausgeschält und hervorgehoben werden – eine Tendenz, die sich vielerorts in Spanien abzeichnet. Und im Keller lautet dieDevise: Weg von Reinzuchthefen und (zu) viel Schwefel.

Verkostung mit Legaris-Weinmacher Jorge Bombín und dem Schweizer Spanien-Spezialist David Schwarzwälder. Foto: zVg

Das Resultat dieser Renaissance hat Jorge Bombín, Chef-Önologe bei Legaris, unlängst bei einer Verkostung im Zürcher Hotel Baurau Lac präsentiert. Die 2015er-Weine der neuen Serie «Vinos de Pueblo» (Ortsweine) bestechen durch eine schöne Balance zwischen Power und Eleganz. Sie wurden offen vergoren mit Hefen aus dem Rebberg und ungeschönt und ungefiltert abgefüllt. Die Aromen vom Holzausbau sind dezent, die Frucht dafür präsent. Auch mit ihrer puristischeren Machart behalten die tiefroten Tropfen den dunkelfruchtigen, dichten und würzigen Charakter. Auf traditionelle Zusatzbezeichnungen wie «Crianza» für junge, trinkfertige Crus oder «GranReserva» für den gelagerten Stoff wird verzichtet – hier steht die Lage im Zentrum, nicht die Lagerung (bzw. deren Dauer).

Ihre neuen Nuancen verdanken die Crus den Lagen, deren Eigenheit nun nicht mehr als Verschnitt in der Masse ertrinkt. Daneben offenbaren aber auch die Lagenweine deutlich den Charakter der ganzen Region Frucht und Wucht zeugen von heissen und trockenen Sommern und den dicken Häutender Tempranillo-Traube.

Dass diese Geschosse dennoch ihre Frische behalten, verdanken sie den extremen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Diese können auf der bis zu 1000 Meter hoch gelegenen Ebene um bis zu 20 Grad Celsius schwanken. Die kalten Nächte sorgen dafür, dass sich Aroma und Säure nicht in Luft auflösen. Statt plumper Alkoholbomben entstehen kräftige und dennoch raffinierte Weine, die fast jedes Weihnachtsgericht begleiten können –egal ob duftig oder deftig.

Verkostungsnotizen

Die Weine wurden am 8. November im Baur au Lac Zürich verkostet – auf Einladung des Produzenten. Da die Präsentation durch (leckeres) Essen und (interessante) Erläuterungen des Produzenten sowie Spanien-Spezialist David Schwarzwälder ergänzt wurde, sind die folgenden VKN kurz, knapp und oberflächlich gehalten. Raw und dirty. Crudo y sucio.

Legaris – Alcubilla de Avellaneda 2015
Einzellage Pt. I. Leder, blutig, leicht animalisch, reife Brombeere, Zwetschge, hintenraus auch etwas Cassis; im Gaumen rund und dicht und mit schöner Frucht, frisch und saftig, schöne Balance und mit gut integriertem Gerbstoff.
Alkohol: 14,5 Vol.-% / Säure: 5,55 / pH: 3,69 / Preis: ca. 30 €

Legaris – Olmedillo de Roa 2015
Einzellage Pt. II. Sehr dunkel in der Farbe. Cassis, Lakritz, Zedernholz, fein und elegant und mit dezent floralen Anklängen; rund, fruchtig, frisch mit viel Schmelz, dann knackig
Alkohol: 15,2 Vol.-% / Säure: 5,36 / pH: 3,77 / Preis: ca. 32 €

Legaris – Moradillo de Roa 2015
Einzellage Pr. III. Mein Liebling! Kirsche, neben frischen dunklen Nuancen auch eine fast schon rötliche Beerenfrucht; Finesse, straight, strukturiert. Der Wein zieht mich so in Bann, dass ich (fast) keine Notizen gemacht habe. Er stammt, wird gesagt, aus einer der begehrtesten Ribera-Lagen.
Alkohol: 14,9 Vol.-% / Säure: 5,29 / pH: 3,79 / Preis: ca. 30 €

Legaris – Páramos de Legaris 2015
Sehr dunkel. Cassis, balsamisch, Erde, Tabak und eine süssliche (Holz-)Würze; frisch und säurebetont im Auftakt, Tannine noch etwas rau. In der Nase aktuell ausgewogener als im Gaumen. Braucht wohl noch Zeit.
Zum Wein: Keine Einzellage sondern eine Cuvée aus drei verschiedenen Höhenlagen, alle im die 900 M.ü.M. gelegen. «Páramos» heisst soviel wie «Ödland». Es ist dies der neuste Wein aus dem Haus Legaris und ich glaube, dass mit der Veranstaltung in Zürich vor allem auch dieser Wein lanciert werden sollte. Die Lagenweine kosten übrigens alle über 30 Euro.
Alkohol: 14,5 Vol.-% / Säure: 5,68 / pH: 3,58 / Preis: ca. 25 €

Legaris – Calmo 2014
Auch keine Einzellage. Die Calmo-Crus bilden die Premium-Legaris-Linie, das extrahierte Destillat der Power-und-Eleganz-Philosophie. Der Traubensaft wird bei diesen Weinen nicht er-presst – der Saft besteht ausschliesslich aus Vorlaufwein, gewonnen durch sanftes nächtliches «Austropfen».
Der 2014er ist extrem dunkel; dicht und balsamisch, Zedernholz, Bitterschokolade, schwarze Beeren; auch im Gaumen eng gewoben, viel Gerbstoff (bereits gut eingebunden), sehr ätherisch, erinnert mich fast an Spraydosen-Nebel – das ist hier natürlich positiv gemeint.
Alkohol: 15 Vol.-% / Säure: 5,9 / pH: 3,7 / Preis: ca. 70 €

Legaris – Calmo 2011
Süssliche Holzwürze, Milchschokolade, Minze, Efeu; extrem Dicht im Gaumen, hintenraus etwas alkoholisch.
Alkohol: 15 Vol.-%

Erstmals erschienen ist dieser Text am 15. Dezember 2018 in der «Schweiz am Wochenende» (bz Basel). Die Kolumne erscheint alle zwei Wochen.