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So schnell wird man von der Aktualität überrollt: Letzte Woche versuchte ich in den Bergen meinen Beitrag zur legendären Walliser Winzerin Marie-Thérèse Chappaz zu beenden. Dann kam die Basler Fasnacht dazwischen. Inzwischen wurden zwei von Chappaz’ Weinen im Robert Parker Wine Advocate mit 99 von 100 Punkten beurteilt – nahe der Perfektion. Das gab’s noch nie für Schweizer Crus. Chapeau Chappaz!

Ausgezeichnet vom Parker-Punkter Stephan Reinhardt wurde die Grande Dame des Schweizer Weins für die Süssweine «Petite Arvine Grain par Grain 2014» und den «Ermitage Octobre 240° Oe 2006». Hier geht’s nun aber um eine rote Cuvée aus den Bordeaux-Sorten Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc – auch das gibt’s in der Schweiz nicht alle Tage. Vor allem nicht dermassen gut.

Viele Weine, so sagt man, sind wie ihre Macher. Klingt zunächst gut, dann ausgelutscht…und irgendwann dann halt doch wieder gut. Zumindest in gewissen Fällen, in denen diese Feststellung einfach passt.

Nun, ich weiss nicht, ob Marie-Thérèse Chappaz, nach Cassis, Zedernholz, Paprika und Pfeffer duftet wie ihr «Grain Noir 2015». Ich weiss aber, dass die Walliser Winzerin auf eine ganz subtile Weise Kraft und Eleganz ausstrahlt… so wie dies auch ihr Grain Noir tut.

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Marie-Thérese Chappaz am «Villa d’Este Wine Symposium» 2015.

Gewiss, die Grain-Noir-Assemblage aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc ist fast noch zu jung, um jetzt schon geköpft zu werden. Kopflos ist es dennoch nicht: Das tiefdunkle Elixier verströmt einen feien, ätherisch-fruchtigen Duft von dunklen Beeren (neben Cassis auch Lakritz, Schwarze Johannisbeeren, Holundergelee), Eukalyptus sowie Pfeffer und Muskatnuss, auch florale Noten deuten sich an.

Im Gaumen gibt sich der Grain Noir zunächst rund und von voller frischer, dunkler Frucht, rasch flankiert von einem strammen Rückgrat aus Säure und Tannin. Der Gerbstoff gibt sich noch jung und wild, fühlt sich aber dennoch bereits angenehm und geschmeidig an.

Trotz lediglich 13 Vol.-% präsentiert die Assemblage viel Power und eine schöne Balance zwischen dichter runder Frucht und straffer Struktur. Diesen Cru würde ich gerne in ein paar Jahren, bzw. Jahrzehnten, nochmals verkosten! Er macht mich aber jetzt schon glücklich… Ein Wein mit Attitüde, gemacht von einer Winzerin mit Attitüde.

Der Grain Noir 2015 ist kein lauter Wein, kein Effekthascher, kein King Kong. Eher ein verdeckter Superheld. Eine elegante Dame, die ihre definierte Kraft und ihren komplexen Charme mit feiner Klinge und seiltänzerischer Balance auf den Punkt bringt. Genauso habe ich Marie-Thérèse Chappaz jedenfalls erlebt, als sie Ende 2015 am «Villa d’Este Wine Symposium» am Comersee in Italien mit dem «Prix d’excellence» ausgezeichnet wurde – ihr Legendenstatus reicht nämlich nicht erst seit gestern weit über die Landesgrenze hinaus.

Eine internationale Botschafterin für Schweizer Wein

 

«Ich wusste nicht einmal, dass heute ein Preis verliehen wird», sagte die damals 55-Jährige in der für sie so typischen bescheidenen und natürlichen Art. «Wir haben so viel Potenzial und Diversität in der Schweiz. Doch um wahrgenommen zu werden, brauchen wir Feedback, Kritik und Zuneigung – ihr seid unser Spiegel.»

Mit der Auszeichnung wurde die Biodynamie-Pionierin aus Fully vor versammelter internationaler Weinprominenz für ihre Verdienste im Schweizer Weinbau geehrt.

«Marie-Thérèse Chappaz repräsentiert genau das, was Schweizer Wein darstellen soll: Ein Juwel der Alpen im Herzen Europas – sie ist eine Lokomotive, ein Leuchtturm für die Schweizer Weinwelt», erklärte Gilles Besse, Präsident von Swiss Wine Promotion.

Und José Vouillamoz, der Wallis wohnhafte Rebsorten-Spezialist, ergänzte: «Ich habe nie jemanden etwas Negatives über Marie-Thérèse Chappaz oder ihre Weine sagen hören. Über sie herrscht ein breiter Konsens in der Weinwelt. Sogar wenn man gut mit ihr befreundet ist, ist es schwierig, an ihren Wein zu kommen – jeder will ihre fantastischen Weine probieren. Chappaz gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den glaubwürdigsten Winzern der Schweiz.»

Dies hat sie nun einmal mehr unter Beweis gestellt.

10 Fakten zu Marie-Thérèse Chappaz

  1. Hat 1987 die ersten 1,5 Hektar Reben übernommen – im Alter von 17 Jahren
  2. Ursprünglich wollte Chappaz Hebamme werden
  3. Zunächst musste Chappaz ihre Trauben verkaufen, weil der Keller noch nicht ready war
  4. Erster eigner Jahrgang 1988 – ein Jahr vor der Eröffnung des Kellers über Fully im Lieu-dit La Liaudisaz
  5. Heute bewirtschaftet Chappaz 10 Hektar in Fully, Charrat, Leytron und Chamoson
  6. Die Weine wachsen in einer Höhe von 450 bis 800 Meter über Meer
  7. Internationale Bekanntheit hat Chappaz vor allem dank ihren Süssweinen erlangt
  8. 1997 Entschluss zur Biodynamie, ab 2002 biodynamisch, seit 2004 mit dem Demeter-Zertifikat
  9. In der legendären kesselförmigen Steillage Combe d’Enfer wird es im Sommer bis zu 40 Grad heiss
  10. Auszeichnungen: Winzerin des Jahres (Gault Millau 1996), Prix d’excellence (Villa d’Este Wine Symposium 2015), Schweizer Weinikone (Gault Millau 2016), zwei Mal 99/100 Parker-Punkte (2018)