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Mit dem «Epokale» lanciert die Südtiroler Cantina Tramin einen neuen Top-Gewürztraminer, dessen Stilistik sich an seiner glorreichen Vergangenheit orientiert. Der erste Jahrgang hat sieben Jahre im Bergwerk verbracht.

Straight outta Bergwerk: Willi Stürz, Kellermeister der Cantina Tramin.

Willi Stürz, Kellermeister der Cantina Tramin, blinzelt in die Sonne und nimmt den Helm mit Stirnlampe vom Kopf. «Es war ein langsames Herantasten – aber nach sieben Jahren im Stollen, ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um den Wein zurück ans Tageslicht zu holen.»

Über 3500 Meter. So weit muss ein Wein selten aus seinem Kellerverlies geholt werden. Doch die Bergung des Epokale-Gewürztraminers der Cantina Tramin geht genau so tief. Die Flaschen schlummern in einem stillgelegten Bergwerk irgendwo am Ende eines Stollens des 150 Kilometer umfassenden Labyrinths.

Der erste Epokale-Jahrgang 2009 wird nach der Schneeschmelze ans Tageslicht zurückbefördert – zunächst im Gänsemarsch durch die engen, von Rinnsalen durchzogenen Stollen, dann via Bergwerk-Eisenbahn. Es rattert, quietscht, knirscht und plätschert während die Lichtkegel der Stirnlampen an den schroffen Wänden tanzen wie Mücken über der Oberfläche des Kalterer Sees.

Gewürztraminer mit Lagerpotenzial

Knapp sieben Jahre hat der Jahrgang im Poschhausstollen im nördlichen Südtirol bei konstanten 11 Grad Celsius vor sich hingedöst. Gelagert wurden die Flaschen ganz unromantisch in grauen Plastikharassen (sieht ja niemand im Dunkeln). Auch wegen der extremen Luftfeuchtigkeit – hier fliessen ganze Bäche durch die Stollen. Sieben Jahre Ruhe. Sieben Jahre Dunkelheit. Vor allem aber: sieben Jahre Entwicklung.

Früher wurden die Gewürztraminer-Flaschen im Südtirol jung dahingerafft – wie die Bergleute, die einst im Stollen schufteten. Nicht so beim Epokale. «Mit diesem Wein wollen wir das Lagerpotenzial der Sorte aufzeigen», erklärt Willi Stürz. Als Kellermeister der Cantina Tramin ist er für die Qualität dieses Unikats verantwortlich – eine Herausforderung, schliesslich ist die Cantina Tramin eine Genossenschaftskellerei mit 260 Hektar Weinbergen und 300 Produzenten.

Wie ein Fussballtrainer muss Stürz seine Mannschaft dazu bringen, am gleichen Strang zu ziehen. Im langjährigen Dialog hat er die Mitspieler ebenso vom Verzicht auf Herbizid überzeugen können wie vom Streben nach Qualität. Nur so konnte sich die Cantina Tramin in den letzten Jahren weltweit den Ruf als Spitzenproduzentin erarbeiten. Vor allem natürlich in Sachen Gewürztraminer, dessen Armada mit dem Epokale ein neues Flaggschiff hat.

Die Trauben des Top-Crus wachsen an den Hängen über Tramin auf rund 450 Metern Höhe. Dahinter thronen die über 2000 Meter hohen Gipfel des Mendelgebirges. Ihre Wurzeln schlagen die bis zu 30-jährigen Epokale-Reben rund um den Nussbaumer Hof in kalkhaltigen Schotter mit Lehm über felsigem Porphyr-Vulkangestein.

Spannungsgeladen wie das Wetter

Und der Wein? Der ist mit 107 Gramm Restzucker pro Liter ein ganz schön deftiges Exemplar. Aber wer meint, dass der manchmal fast kitschig anmutende Gewürztraminer mit seiner offensiven Aromatik nach Rosenblättern und exotischen Früchten in seiner süssen Spielart zuviel des Guten bietet, irrt sich gewaltig: Der Wonneproppen wirkt durch seine eher elegant als opulent anmutende Nase, den moderaten Alkohol, seine lebendige Säure und eine gewissen Mineralik im Abgang so spannungsgeladen wie das Wetter und die Umgebung, in der er wächst.

In der internationalen Blindverkostung besteht der Epokale locker neben Elsässer-Ikonen wie Zind-Humbrecht oder Trimbach. Die deutlich restsüsse Gewürztraminer-Spielart stand im Südtirol bis ins Vorletzte Jahrhundert hoch im Kurs. Nun lanciert die Kellerei Tramin dessen Renaissance. Ein so lange gelagertes und lagerfähiges Exemplar wie den Epokale gab’s bisher allerdings noch nie.

Dieser Text wurde erstmals im Weinmagazin VINUM veröffentlicht.