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Basler Zeitung, BaZ, Bazonline, Cantina San Giorgio, Chardonnay, Losone, Mattia Bianda, Merlot, Tessin
Die Weine des Tessiner Winzers Mattia Bianda sind wie ihr Erschaffer: kräftig, rustikal und aussergewöhnlich. Wir haben den «Big Boy» vor seinem Gastspiel an der Basler Weinmesse in Losone besucht.

Abstecher ans Rheinknie: Die Weine von Mattia Biandas Cantina San Giorgo können im Rahmen des «Ticinowine Festival» an der Basler Weinmesse verkostet werden.
Als Mattia Bianda im Innenhof des 400 Jahre alten Familiensitzes meterhohe Gärtanks aus Stahl aufstellte, hatte seine Mutter gar keine Freude. Die Ungetüme harmonierten optisch überhaupt nicht mit dem idyllischen Rustico im Zentrum von Losone bei Locarno. Das war vor zehn Jahren. Damals beschloss ihr Sohn, ein Winzer und angehender Önologe, die Trauben des väterlichen Betriebs vermehrt selber zu verarbeiten anstatt sie zu verkaufen.
Inzwischen stehen diese Tanks in Biandas Kellerei am Dorfrand. Im Hof des Elternhauses thront stattdessen die mattschwarze Harley Davidson von Mattia. Das Kraftpaket passt zum Winzer – und wie sich später zeigen wird auch zu seinen Weinen. Mit der Harley fährt der 38-Jährige regelmässig in die Rebberge um nach seinen Schützlingen, darunter viele Merlot- und Chardonnay-Trauben, zu sehen.
Stolz auf seinen «Big Boy»
Mittlerweile schlummern die Beeren zerquetscht in den Gärtanks und Bianda verbringt viel Zeit in den Weinkellern seiner Cantina San Giorgio. Ein Teil der Ernte lagert nicht am Dorfrand sondern in den antiken Gewölben des Familiensitzes. Etwa der Merlot San Giorgio 2011, den Bianda vom Eichenholzfass ins Glas gleiten lässt und nach kurzem Kosten strahlend auf den Boden spuckt. «Das ist der erste Wein, der mich wirklich stolz macht – a big boy, just like me.» In der Tat zeigt der juvenile Tropfen neben seiner prickelnden Frische bereits betörende Noten roter Früchte und einen vollen Körper mit samtweichen Muskeln, wie es sich für einen Merlot gehört. Ein bezauberndes Biest, wie eine Harley, ist man geneigt zu sagen.
Auch für die frisch gelesene 2012er-Ernte erwartet Bianda eine sehr gute Qualität – ausser bei den Chardonnay-Trauben, aus denen der «Reslina» gekeltert wird. Diese habe er wegen des wechselhaften Spätsommerwetters einen Monat früher als sonst ernten müssen. «Ich hasse diese Traubensorte», sagt er lachend. Der viele Regen hingegen habe seinen Reben kaum geschadet. So ist halt das Klima im feuchtwarmen Tessin. Damit sich Biandas Merlots mit all ihren Nuancen entfalten können, vinifiziert er die Beeren sowohl in alten als auch in neuen Barriques. Vor der Abfüllung finden die bei der Geburt getrennten Brüder dann wieder zusammen.
Lieber FCB-Spiele als Weinwettbewerbe
Wenn Mattia Bianda über Basel spricht, redet er nicht als erstes von der Weinmesse sondern von den Champions-League-Sternstunden des FCB, die er im St.-Jakob-Park erlebt hat. Branchenmessen und Weinwettbewerbe sind hingegen weniger das Ding von Bianda. Mit seinem dunklen Bart und seiner kräftigen Statur erinnert der 38-Jährige an den italienischen Fussballstar Gennaro Gattuso, der im weinverrückten Wallis seinen Karriereherbst geniesst. Mit dem Kicker und den Wallisern verbindet Bianda seinen rustikalen Charme. Man könnte es auch liebevoll Dickköpfigkeit nennen.
«Ich will an keinen verfluchten Wettbewerb gehen – das ist nur Kommerz», sagt Bianda über die diversen Weinanlässe an denen es Gold- und Silbermedaillen regnet. Seine Mission sei, den Wein ohne solche medienwirksame Aktionen an den Mann zu bringen. «Für mich ist es nicht existenziell, die Nummer eins zu sein», erklärt Bianda. Er weiss, dass seine Weine gut sind. Für das «Ticinowine Festival», das am Montag im Rahmen der Basler Weinmesse statt findet, macht der Tessiner eine Ausnahme. Er wird seine Weine am Stand der Weinhändlerei Cantina dell’Orso ausschenken. Damit jeder selber testen kann, wer hier der grössere «big boy» ist – der Wein oder sein Winzer.
Infos: Die Cantina San Giorgio von Mattia Bianda
Die Cantina San Giorgo aus Losone, benannt nach der benachbarten Kirche des Heiligen Georg, ist Teil des 2008 zusammengelegten Landwirtschaftsbetriebs «Azienda Agricola Avvenire» von Mattia Bianda und Enrico Pelloni. Die Cantina bewirtschaftet 12 Hektar gepächtete Reben wobei etwa die Hälfte der Ernte an Abnehmer wie den ebenfalls in Losone ansässigen Weinproduzenten Angelo Delea verkauft wird. Die andere Hälfte wird von den fünf Mitarbeitern zu jährlich rund 25’000 Flaschen eigenem Wein verarbeitet.
Das Sortiment der Cantina San Giorgio umfasst zwei Merlots, einen Chardonnay sowie zwei Rotwein-Cuvées. Biandas Grossvater Casimiro begann vor über 50 Jahren mit der Winzerei. Seinen Merlot Miro von damals wird heute noch gekeltert. Kaufen kann man Biandas Weine u.a. direkt beim Produzenten in Losone oder bei der Cantina dell’Orso, einer Weinhandlung in Ascona, die sich auf Tessiner Perlen spezialisiert hat und die Biandas Weine auch am «Ticinowine Festival» an der Balser Weinmesse ausschenkt.
Die Basler Weinmesse öffnet ihre Tore am Samstag, 27. Oktober, in der Halle 4 der Messe Basel und dauert bis am 4. November.
Dieser Artikel wurde erstmals am 26. Oktober auf bazonline.ch veröffentlicht.