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Tatort Weinmesse. Die Blutlache am Boden ist gross wie das Mittelmeer. Zum Glück hat niemand gesehen, dass der randvolle Spucknapf nicht von Geisterhand von der Tischkante geschupst worden ist… So ein Ende hat dieser Wein nicht verdient. Er stammt von Salvatore Marino aus Sizilien. Seine frischen Crus sind eine meiner Entdeckungen der «Raw Wine». Die deutsche Ausgabe dieser Weinmesse hat kürzlich Berlin gerockt. Der Name ist Programm: die Weine sind raw – naturbelassen im besten Sinn.
Eine weitere Trouvaille: Die Hiyu Wine Farm aus Oregon. Mit seinem langen weissen Bart erinnert Winzer Nate Ready an den legendären US-Musikproduzenten Rick Rubin. Seine Spezialität sind «Field Blends». Weine aus verschiedenen Traubensorten, die im selben Weinberg wachsen und zusammen geerntet und gekeltert werden. In Österreich nennen sie das «Gemischter Satz». Ob es dort Winzer gibt wie Nate Ready mit seinen über hundert Rebsorten im Weinberg?

Eher unter die Rubrik «kann man machen» fallen die hip designten Weine der Noita Winery aus Finnland – gemacht Trauben, die in Österreich eingekauft wurden. Die Winzer hatten dem Naturwein-Publikum allerhand zu erklären. Die Weine kann man unter «Horizonterweiterung» verbuchen. Mehr nicht.
Ungewöhnlich sind auch die Crus von Ballot-Flurin aus Südwestfrankreich. Der Hydromel Pétillant ist ein Pet Nat-Schaumwein mit Honig und Lavendel. Sozusagen ein Met Nat. Das Projekt der Bio-Imkers Remi Ballot und dem Kanadier Andrew Tape ist extrem interessant – die Honigweine sind Geschmackssache.
Auf zur nächsten Blüte. Zum ungarischen Weingut Hummel. Hier summt die Biene auf dem Etikett. Der «Bernstein 2018», gekeltert aus der ungarischen Rebsorte Hárslevelü (bitte zehnmal ganz schnell nachsprechen), ist unglaublich saftig. Nektar!

Die Offenbarung folgt am Stand der Winzerin Judith Beck. Das Weingut der jungen Österreicherin liegt am Neusiedlersee nahe der ungarischen Grenze. Besonders beeindruckend: die Weine ihrer «Bambule!»-Serie. Bambule ist Gaunersprech und steht für lautstarken Gefängnis-Radau. Es sind ihre rawsten Weine. Unfiltriert, ungeschwefelt – und unglaublich gut.
Der Muskat kann kaum verbergen, dass er aus einer Aromensorte gekeltert wurde. Der opulente Duft nach Muskat, Orangenschale, Grüntee und hellen Blüten wird begleitet von einer ätherischen Kräuterwürzigkeit, die der Wein seiner fast zweiwöchigen Maischestandzeit verdankt.
Auch Becks roter Bambule, ein Blaufränkisch, trumpft mit ätherischen Nuancen auf. Dichtgewoben, von kühler Eleganz mit zünftig Tannin und Aromen dunkler Beeren, Pfeffer, Zedernholz und Paprika. Ich notiere: Blaufränkisch – muss öfter getrunken werden! Dieser Wein landet nicht am Boden wie der arme Sizilianer – sondern im Reisegepäck.
Dieser Beitrag wurde erstmals in der bz Basel veröffentlicht.
