Schlagwörter

, , , ,

Dreimal Chenin Blanc: Der Jardins Esméraldins Genèse Blanc von Xavier Caillard, flankiert von den beiden Tête Rouge-Crus.

Gewisse Weine mag man auf Anhieb. Sie haben eine magische Anziehungskraft – so wie manche Menschen. Chenin Blanc zum Beispiel. Das ist eine Rebsorte, kein Mensch, aber fast so vielseitig. Mal intellektuell und fordernd, mal unkompliziert und zugänglich. Mal schlank und karg, dann wieder üppig und aromatisch. Von sehr trocken bis sehr süss.

Die aromatische Bandbreite und die vielen Spielformen zwischen straffer Säure und einer Süsse in all ihren Schattierungen – das erinnert an Riesling. Nur hat Chenin meist mehr Körper und Gewürznoten.

Vielleicht spielen nicht nur Nase und Gaumen eine Rolle, sondern auch das Ohr. Chenin, das klingt schon schön – wie «scheene» im Baseldytsch. Als Hedonist empfängt man sämtliche Signale des Schönen. Die Sirene des Schönen – beim Chenin Blanc ist sie in Saumur besonders laut. Sali Saumur! Im Herzen der Weinregion Loire auf halben Weg zwischen Orléans und Atlantik, wo die Loire – längster Fluss Frankreichs – ins Meer mündet. Auf einem ähnlichen Breitengrad wie Basel.

Die Weinberge der Loire erstrecken sich über mehrere hundert Kilometer. Am Anfang und am Ende (bei Sancerre und Nantes) wachsen leichte, mineralische Weine aus Sauvignon Blanc und Muscadet. Dazwischen, bei Saumur, wird die Sache deftiger. Hier ist Chenin Blanc der Boss. Die Böden aus Kalk und Tuffstein sind der ideale Nährboden für geschmeidige Weine mit straffer Säure und vollerem Körper.

Die Säure sorgt ausserdem dafür, dass die bekannten restsüssen Chenin der Loire wunderbar balanciert sind. Meinetwegen muss der straffe Nerv dieser Sorte gar nicht durch süssliche Rundungen gepuffert werden. Deshalb flashen mich die Weissen von Manoir de la Tête Rouge: Sie sind knochentrocken, eher karg und von feiner Würzigkeit. Der einfachere Tête d’Ange 2017 hat Anklänge von Honigmelone, hellen Blüten und gelbem Steinobst sowie ein salziges Finish.

Beim anspruchsvolleren l’Enchentoir 2013 wirken die gelben Früchte angetrocknet, begleitet von jodigen Nuancen und einem Hauch Feuerstein. Für komplette Entzückung sorgt der Jardins Esméraldins Genèse Blanc 2004 von Xavier Caillard, einem weiteren Kleinbetrieb südlich der Stadt Saumur. Dieser Chenin vereint alle bisher genannten Nuancen, ist aber komplexer und eleganter – und hat eine Etikette, die man sich am liebsten als Tattoo stechen lassen würde.

Diese drei Saumur-Chenin sind Styler aus einer der vielseitigsten und interessantesten Weinregionen Frankreichs. Eine Hood, die trotz ihrer Grösse und ihres Standings noch viel Unterbewertetes zu bieten hat. Auch Cabernet Franc beim Rotwein. Darauf kommen wir noch zurück. Scheene zämme, Chenin zämme!

Dieser Text wurde erstmals in der bz Basel veröffentlicht.