Schlagwörter
Kork, Korkschmecker, Schnupf, Schnupftabak, TCA, Trichloranisol, Weinfehler, Weinwissen

Das Timing des Kellners ist ungünstig. Der Schnupftabak liegt auf den Handrücken bereit. Kichern. Verstohlene Blicke. In einem Hotel mit gratis Hauswein muss nicht alles so formell sein. Ausser die Begutachtung des Weins von der Karte. Der vino di casa wurde links liegen gelassen. Und der Kellner wird ungeduldig.
Die linke Hand mit den verdächtigen Häuflein verschwindet unter dem Tisch. Die andere führt den Kelch zur Nase. Kork! Der Wein ist muffig statt fruchtig und riecht wie nasser Hund auf feuchtem Karton. Unschön. Auch der Abgang: bitter wie das Abschneiden der Schweizer Fussballclubs in der Champions-League-Qualifikation.
Zurück zum Absender! So einfach lässt sich Kork nicht immer entlarven. Oft ist er ein Dieb auf leisen Sohlen. Er beraubt den Wein seiner ursprünglichen Aromatik und ist so sachte unterwegs, dass er manchmal sogar unbemerkt wieder davonkommt. Ein Korkschleicher. Nicht selten haben die Damen der Runde das feinere Näschen, um diese Stinker zu überführen.
So wird wird Kork entlarvt
Aber wie entlarvt man einen kontaminierten Cru? Am auffälligsten ist der modrige Kellergeruch. Manchmal wird auch Schimmel, faulendes Holz oder Leder zitiert. Im Gaumen alarmiert eine beissende Bitterkeit im Abgang die Kork-Polizei. Sortentypische Aromen? Fehlanzeige!
Anders als andere Weinfehler verflüchtig sich der «Zapfen» nicht mit etwas Zeit und Luft. Dafür lässt sich der Stinker durch Erwärmung verdeutlichen. Etwa indem der Wein mit warmem Wasser gestreckt wird. Bei Rotwein kann ein dezenter Fehlton durch Gerbstoffnoten überdeckt werden. Die Grenze zwischen Gut und Böse ist gar nicht so eindeutig. In der Gastronomie wird ein verdächtiger Wein oft ohne Widerrede ersetzt – so auch bei uns. Der Kellner ist immer noch nicht zurück. Also nix wie weg mit dem Schnupf!
Am Ursprung eines Korkschmeckers steht die ungewollte Aktivität von Pilzen. Diese stammen etwa von schimmligen Beeren, unsauberen Gebinden oder chlorhaltigen Mitteln zur Behandlung von Holz. Vor allem Spitzenproduzenten haben viele potenzielle TCA-Quellen bei der Produktion eliminiert – sie investieren viel Geld in die Kontrolle ihrer Korken.
Mit Schiesspulver desinfiziert
Komplett eliminieren lassen sich die Stinker nicht. Ganz fies: Auch Weine mit Drehverschluss können Kork haben, nachdem sie im Keller die falschen Kontakte geknüpft haben. Aber natürlich bietet poröser Naturkork mehr Angriffsfläche. Dabei ist die leichte Durchlässigkeit die Stärke von Kork – sie ermöglicht das minimale Eindringen von Sauerstoff.
Inzwischen ist der Kellner mit der Ersatzflasche eingetroffen. Dummerweise wurde die verkorkte Nase soeben mit Schnupftabak desinfiziert. Suboptimale Bedingungen, um den neuen Wein zu testen. Deshalb folgt ausnahmsweise die Verkostungsnotiz des Schiesspulvers: In der Nase Menthol, schwarzer Pfeffer und erdige Nuancen; im Nastüechli erdige Farben – und mit Tränen im Abgang. Hatschi!
Dieser Artikel wurde erstmals in der bz Basel publiziert.